Diskussionen um Klima bei der WM halten an
Salvador (dpa) - Eine Reise in die Hitze-Hölle von Manaus blieb den DFB-Kickern erspart, aber auch so stöhnen die deutschen Nationalspieler wie viele Leidensgenossen aus den anderen Teams über das WM-Wetter.
„Die klimatischen Verhältnisse sind extrem. Wir hoffen alle, dass der Akku bis zum Schluss reicht“, meinte Deutschlands Co-Trainer Hansi Flick vor dem Duell mit den USA im heißen Recife.
Als das heißeste Pflaster bei der WM der Strapazen gilt mit tagsüber stets 30 Grad Manaus. „Nach dem ersten Sprint musst du schon richtig durchschnaufen und machst dir Sorgen, dass du schnell wieder regenerierst“, berichtete Kroatiens Stürmer Ivica Olic nach dem 4:0 gegen Kamerun in der Dschungelmetropole am Amazonas. Das Atmen in der Tropenstadt wird durch die extrem hohe Luftfeuchtigkeit zusätzlich erschwert.
Um sich optimal einzustellen, bereiteten sich die USA gleich in drei Städten (San Francisco, New York, Jacksonville) auf die klimatischen Besonderheiten vor. Jacksonville sollte Coach Jürgen Klinsmann als Simulation für Manaus dienen.
Vor allem für die Teams aus Europa sind die Bedingngen eine Herausforderung. Am meisten jammerten die Italiener. „Ein Wahnsinn! Es ist wirklich absurd, dass wir kein Timeout haben“, schimpfte Trainer Cesare Prandelli nach dem 2:1 gegen England. „Wenn wir Unterhaltung wollen, dann brauchen die Spieler auch die Energie, um diese bieten zu können.“
Offizielle Trinkpausen à drei Minuten, die von einem Arbeitsgericht in Brasilia angeordnet und der FIFA akzeptiert wurden, hat es noch keine gegeben. Aber die Schiedsrichter geben den Akteuren ausreichend Gelegenheit, den Flüssigkeitshaushalt aufzufüllen.
Die Profis müssen auf langen Reisen durch mehre Klimazonen vom heißen Norden Brasiliens bis zum kühlen Süden Temperaturunterschiede von mehr als 20 Grad verkraften. Auch in Fortaleza, Natal und Recife im Norden ist es sehr warm. Ein Vorteil für Süd- und Lateinamerikaner. „Wir werden vom heißen Klima profitieren. Wir sind es gewohnt, bei diesen Temperaturen zu spielen“, sagte Costa Ricas Coach Christian Bolaños.
Heiß ist es auch in Cuiaba. Der Ort liegt in der geographischen Mitte Südamerikas. Beim Spiel zwischen Nigeria und Bosnien herrschten um 18.00 Uhr Ortszeit 30 Grad und 50 Prozent Luftfeuchtigkeit. Bei Südkorea gegen Russland war es noch schlimmer. Die Russen nahmen es gelassen. „Bei unserer Vorbereitung in Moskau war es heißer“, merkte Coach Fabio Capello an. Bosnien-Stürmer Edin Dzeko sagte: „Es ist schwer zu atmen, schwer zu rennen. Aber es ist für alle gleich.“
Auch die Spanier machten das Klima nicht für ihren WM-K.o. verantwortlich. Nach den schlechten Erfahrungen in Fortaleza beim Confed Cup 2013 hielt der enttrohnte Champion die Entscheidung, bei der WM in die Regen-Hauptstadt Curitiba zu gehen, auch im Nachhinein für richtig. Dort sei es kühl, manchmal nur neun Grad, hieß es. Das Aus lag nicht am Wetter, betonten alle.
Ottmar Hitz(e)feld sieht gar einen Zusammenhang zwischen Temperatur und Torflut. „Alle zeigen bei dem Klima Konzentrationsschwächen. Wenn man nicht die Spritzigkeit und Laufbereitschaft hat, passieren Fehler. Und bei dieser WM sind schon viele Fehler passiert“, so der Schweizer Coach nach dem 2:5 in Salvador. Dort herrschen allerdings stets ideale Bedingungen: konstant 27 Grad, immer ein angenehmer Wind. Womöglich ist das der Grund, warum in Salvador die Schützen mit 17 Toren in drei Spielen bisher besonders treffsicher waren.
Afrikaner und Südamerikaner fühlen sich wohl bei der Wärme. Doch über dem Basiscamp „Granja Comary“ der Brasilianer ist der Herbst hereingebrochen. Dauerregen und Temperaturen selten über zehn Grad drückten eher aufs Gemüt in Teresópolis. Im Team wird diskutiert, ob es richtig war, auf fast 900 Meter Höhe in die Berge zu gehen. Zumal man in heißen Spielorten spielt. Andererseits hat der Verband CBF hier sein abgeschlossenes Camp, das für 6,5 Millionen US-Dollar ausgebaut und saniert wurde.
Und die Deutschen? Der Bundestrainer warnte oft vor den Klima- Verhältnissen. Vielleicht sollten sich die Jungs von Joachim Löw schlicht die deutschen Frauen zum Vorbild nehmen. Bei der WM 2007 in China waren die Bedingungen mit teils 40 Grad und fast 100 Prozent Luftfeuchtigkeit viel extremer - und Deutschland wurde Weltmeister!