Rückkehr als DHB-Joker: Kraus gibt Comeback
Cloppenburg (dpa) - Er ist wieder da. Nach 1031 Tagen steht Michael Kraus vor seinem Comeback in der Handball-Nationalmannschaft.
Ein Anruf von Martin Heuberger, ein kurzfristiges Treffen mit dem Bundestrainer - und die Rückkehr des 30 Jahre alten Spielmachers zu den Länderspielen gegen Ungarn in Oldenburg und in Lingen war besiegelt. Die deutschen Handballer proben den Ernstfall für die WM-Playoffs im Juni gegen Polen, und Michael Kraus ist für die Aufgabe Feuer und Flamme. „Für mich gab und gibt es da gar nichts zu überlegen. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich durch und durch Nationalspieler bin. Mein Herz schlägt für die Nationalmannschaft“, erklärte er.
Seit Montag trägt der Regisseur vom Bundesligisten Frisch Auf Göppingen wieder den Adler auf der Brust - zumindest im Training. Beim Lehrgang der Nationalmannschaft in Cloppenburg frischt der Rückkehrer Spielzüge und taktische Varianten von einst auf und übt neue Abläufe. „Dafür ist so ein Trainingslager ja da“, sagte Kraus. Aus Sicht von Bundestrainer Heuberger ist die Wiedereingliederung bereits gelungen. „Bei 'Mimi' habe ich den Eindruck, als wenn er nie weggewesen wäre. Er ist schon wieder voll integriert, sehr konzentriert und bereit, mit der Mannschaft zu sprechen und sich taktisch einzubringen“, urteilte der Schutterwälder.
Der Bundestrainer hatte den einstigen Lieblingsschüler seines Vorgängers Heiner Brand nie aus dem Blick für die Nationalmannschaft verloren. Beharrlich weigerte er sich über Jahre, dessen Comeback auszuschließen. Und ebenso hartnäckig beteuerte Michael Kraus immer wieder, für den Deutschen Handballbund (DHB) zu spielen, wenn er gefragt ist. Dabei ist die Beziehung Kraus - Nationalmannschaft so wechselhaft wie das Aprilwetter. Glanzvoller Aufstieg beim WM-Gewinn 2007, Denkpause nach der EM 2008, Ernennung zum Kapitän und Ablösung nach der verpatzten EM 2010, ein Jahr darauf dann WM-Platz elf und sein bislang letztes Länderspiel am 8. Juni 2011 in Innsbruck, als er mit vier Toren das DHB-Team zur EM 2012 warf.
Viele stellen Michael Kraus in einem Zusammenhang mit „Der Unvollendete“ oder „Das ewige Talent“, weil er seine Begabung nie voll entfaltet hat. Immer wieder war er verletzt, angeschlagen oder körperlich nicht auf der Höhe. Den permanenten Vorwurf, es mangele ihm an Professionalität, konnte der 30-Jährige nie ganz entkräften.
Nun ist er zurück. Gereifter, wie Martin Heuberger findet. „'Mimis' Leistungen sind zuletzt konstanter geworden“, befand der Bundestrainer. Kraus kommt nun auch eine andere Rolle zu als einst: nicht mehr Hoffnungsträger, vielmehr Joker. „Ich bin nicht gekommen, damit sich alles nach mir richtet“, sagte der Spielmacher. Er will nicht nur Ideengeber im Spiel, sondern auch Ratgeber sein. Das erwartet auch der Bundestrainer von ihm. „Ich erwarte von ihm, dass er uns mit seiner Erfahrung helfen kann“, erklärte Heuberger.
Für Michael Kraus steht zuvorderst die Qualifikation für die WM 2015 in Katar im Mittelpunkt. Gegen Polen geht es am 7. Juni in Danzig und am 14. Juni in Magdeburg um Alles. Das Danach hält er sich offen. Im Gegensatz zu Torhüter Johannes Bitter, der nach mehr als drei Jahren eigens für die Polen-Spiele ein Comeback auf Zeit gibt, kann sich Kraus eine Zukunft in der Nationalmannschaft vorstellen. „Ich wäre nicht abgeneigt“, gab er zu.