Dem DLV zum Trotz: Behrenbruch will EM-Medaille

Helsinki (dpa) - Für Pascal Behrenbruch hat der Zehnkampf eine elfte Disziplin: Den Widerstand gegen den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV). Bei der Europameisterschaft in Helsinki geht der 27-jährige Querkopf von der LG Eintracht Frankfurt gegen den Willen des DLV an den Start.

„Ich will in diesem Jahr eine Medaille gewinnen. Bei der EM ist die Chance riesig“, sagte der ehrgeizige WM-Siebte. Dafür riskiert er, 42 Tage nach der Hochbelastung in Finnland beim olympischen Zehnkampf in London einen Einbruch zu erleben.

Den guten Rat der DLV-Experten, auf einen Doppelstart zu verzichten, schlug der eigenwillige Athlet aus. Die beim Mehrkampf-Meeting in Götzis Ende Mai erreichte Weltklasseleistung von 8433 Punkten beflügelten ihn noch, auch die EM mitzunehmen. „Ich kann es in Helsinki und bei Olympia besser machen“, urteilte der EM-Sechste von 2006, stößt damit aber auf Skepsis. „Unser Königsweg ist, die Finger davon zu lassen“, hatte der leitende Bundestrainer Claus Marek früh gewarnt. DLV-Sportdirektor Thomas Kurschilgen empfahl ebenso vergeblich, „den langen Weg“ an die Themse ohne Umwege zu wählen.

Sturkopf Behrenbruch hört längst auf andere: Seine Trainer Andrej Nazarow und Erki Nool, zu denen er im November 2011 nach Estland zog, weil er sowohl in seinem Frankfurter Club als mit dem DLV-System nicht mehr klar kam. „Meine Trainer haben mir gesagt, ich soll die EM machen“, sagte Behrenbruch. Den Wechsel in die baltische Hauptstadt Tallinn bereut er nicht. „Was ich da gemacht habe, war meine Entscheidung, meinen Weg zu gehen“, erklärte er. „Die richten sich total nach mir. Ich schlafe so lange ich will und muss nicht um sieben Uhr aufstehen.“

In Deutschland musste er sich anpassen, im Verein oder in Trainingslagern des Verbandes. „Für die Gruppe war er nicht tragbar“, sagte Zehnkampf-Bundestrainer Rainer Pottel. Davon konnte sein Clubkollege Jan Felix Knobel ein Lied singen. Mit ihm und Rico Freimuth (Halle) wird er in London an den Start gehen - in Helsinki sind noch Norman Müller (Halle) und Mathias Brugger (Ulm) am Start. Den Schritt von Behrenbruch, in Tallinn sein Sportlerglück zu suchen, hält Pottel deshalb für richtig: „Da hat er eine andere Motivation, nämlich: Denen zeige ich es.“

Bei der EM hätte Behrenbruch mit seinen 8433 Punkten von Götzis sehr gute Chancen auf eine (Gold-)Medaille. 2010 holte der Franzose Romain Barras mit 8453 Zählern den EM-Titel im Zehnkampf. „Erki traut mir zu, in Helsinki Europameister zu werden“, sagte Behrenbruch. In London dürfte es dagegen fast unmöglich sein, Edelmetall zu gewinnen. Zumindest an dem US-Amerikaner Ashton Eaton, der gerade den Weltrekord auf 9039 Punkten verbesserte, führt kein Weg vorbei. „Wenn sich einer unserer Athleten bei Olympia unter den ersten Acht platzieren würde, wäre das sensationell“, meinte Marek.