Gabius' mutige Pläne für sein Marathon-Debüt

Frankfurt/Main (dpa) - 40 Kilometer im Training laufen nur mit einer Scheibe Brot im Magen und Wasser zwischendurch. Arne Gabius muss wissen, was er da tut: Der 33-Jährige vom LAV Tübingen ist Arzt, in allererster Linie aber Laufprofi.

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Am Sonntag gibt er in Frankfurt/Main sein Marathon-Debüt und hat Großes angekündigt: „Eine Zeit Richtung 2:10 Stunden.“ So schnell war in diesem Jahrtausend noch kein Deutscher über die klassische 42,195-Kilometer-Strecke. Gabius hat sich akribisch und aufwendig vorbereitet - und ist ziemlich euphorisch.

Bis zu 250 Kilometer die Woche ist der EM-Zweite von 2012 über 5000 Meter gerannt. Er verzichtete dabei auf Kohlenhydrate, „um mit leeren Speichern zu trainieren, die kurz vor dem Marathon aufgefüllt werden“.

Ein Spaßprogramm ist das nicht, und sein Tagesplan sah oft so aus: Aufstehen zu Hause in Stuttgart-Stammheim kurz nach sechs, mit dem Auto zum Neckar nach Mühlhausen, 30 Kilometer laufen, danach nach Großbottwar zur Physiotherapie, Obstsalat und Quark zum Mittagessen, dann zwei Stunden schlafen, um 18 Uhr Bahntraining in Kornwestheim, ein proteinreiches Abendmahl, zum Beispiel Blumenkohl mit Currysoße und Feigen mit Ziegenfrischkäse.

Gabius ist Vegetarier, Asket sowieso und auch Autodidakt: Der gebürtige Hamburger trainiert seit Jahren alleine, beraten vom italienischen Laufcoach Renato Canova. „Ein bisschen schlechte Laune“ bekomme man schon, sagte Gabius, so ohne Kohlenhydrate, aber beim Zieleinlauf am Sonntag auf dem roten Teppich in der Frankfurter Festhalle soll sich alles gelohnt haben. „Ich mache nicht die ganze Vorbereitung, um 2:15 zu laufen. Aber natürlich weiß ich nicht, wie ich mich bei Kilometer 30 oder 35 fühlen werde.“

Empfohlen hat sich der 17-fache deutsche Meister auch mit seiner Halbmarathon-Debüt-Zeit von 62:09 Minuten im März in New York. „Arne macht ja traditionell sehr offensive Ansagen“, erklärte sein Konkurrent Philipp Pflieger aus Regensburg, der sich am Main ebenfalls erstmals an den Marathon wagt. Gabius hatte zu Jahresbeginn angekündigt, den 19 Jahre alten deutschen 3000-Meter-Rekord von Dieter Baumann knacken zu wollen - aber daraus wurde nix. Er führte das auf sein hartes Training in Kenia zurück. „Ich habe im Januar erstmals die magische 200-Kilometer-Marke geknackt, das hat sich negativ auf die Hallensaison ausgewirkt.“

Bei der Leichtathletik-EM im August in Zürich, so sagte er vor dem 5000-Meter-Rennen, ist „zwischen Platz sechs und eins alles möglich“. Am Ende wurde er Siebter. Die Trainingsergebnisse der vergangenen Wochen haben ihn aber beflügelt: Die 40 Kilometer ist er nach eigenen Angaben mit einem Schnitt von 3:37 Minuten pro Kilometer gelaufen. Sein Körper spiele gut mit, habe sich dem neuen Programm gut angepasst.

Bei ihrem Marathon-Debüt haben schon Weltklasseathleten heftig gelitten: Doppel-Olympiasieger Mo Farah wurde im April in London in 2:08:21 Stunden Achter, lief mit schmerzverzerrtem Gesicht über die Ziellinie und war „ziemlich enttäuscht“. Der Brite warnte den Deutschen: „So ab Kilometer 30, das tut weh.“ Gabius' früherer Trainer Dieter Baumann, 5000-Meter-Olympiasieger von 1992, gab 2002 in Hamburg auf. „Vielleicht wusste er nicht, was auf ihn zukommt“, mutmaßte Gabus. Der bisher schnellste deutsche Starter in Frankfurt war Michael Fietz 1997 in 2:10:59. „Ich versuche, da bewusst naiv und ein bisschen frech ranzugehen“, erklärte Gabius. „Die Demut kommt irgendwann sowieso.“