Usain Bolt Spaßvogel und Vermarktungsgenie
Der jamaikanische Superstar ist Spaßvogel und Vermarktungsgenie gleichzeitig
Peking. Vielleicht ist er einfach nur ein Spaßvogel. Ganz sicher aber ist er eine große Vermarktungsmaschine. Und so tut Usain Bolt alles, um sich bei Großereignissen so lange und so gut wie möglich in Szene zu setzen. Immer wieder lässt der Meister der Mätzchen sich etwas Neues einfallen. Am Montag filmte er seine eigene Siegerehrung.
Mit der Kamera in der Hand lief er in das Stadion ein. Bolt, der wohl meistfotografierte und meist gefilmte Athlet dieser Weltmeisterschaft, drehte den Spieß um und machte sich selbst zum Regisseur seines eigenen Films. Nach dem gewonnen 100-Meter-Finale wirkt der Jamaikaner noch lockerer, als er sich zuvor ohnehin in Peking präsentierte. Hier in China, wo sie ihn beinahe verehren wie einen von ihnen, kann er seine Show weiterspielen.
Auf die 100 Meter schaute die Welt. Die 200 Meter sind die Zugabe — auch für einen wie Bolt, der seine Titel genau mitzählt. „Hier kommt der sechsmalige Weltmeister“, begrüßt der Stadionsprecher den 29-Jährigen am Dienstag zum Vorlauf. Bolt runzelt die Stirn. „Sechs?“ Er deutet die Zahl in die Kamera. Dann packt er ein, zwei, drei Finger dazu. Waren es nicht neun? Bolt zählt die Staffeln mit. Mehr ist für den Jamaikaner immer besser als weniger.
Laut Forbes nahm er im vergangenen Jahr 21 Millionen Euro durch Marketing ein. Sein Unternehmen, die Marke Bolt, lebt davon. Mittlerweile lebt sie auch vom Image des Saubermannes. Er ist der einzige Weltmeister und Olympiasieger im Sprint der jüngsten Vergangenheit, der nicht wegen Dopings gesperrt worden war. Bisher, sagen die Zweifler, von denen es nicht wenige gibt. Dennoch, nach seinem Sieg über 100 Meter atmeten viele auf. Diese eine Sekunde, die zwischen ihm und dem bereits zweimal wegen Dopings gesperrten Amerikaner Justin Gatlin gelegen hatte, man könnte fast meinen, diese eine Sekunde habe diese WM gerettet.
Zumindest hat sie die Diskussionen nicht noch einmal richtig hochkochen lassen, auch wenn Gatlin in der Pressekonferenz nach dem Finale mehrfach mit Fragen zu seiner Vergangenheit konfrontiert worden war. „Ich bin dankbar für diese Frage“, sagte er darauf immer nur. Dreimal in Folge. Beim vierten Mal variierte er ein wenig. „Diese Frage ist wichtig. Ich bin dankbar dafür.“ Bolt saß daneben, grinste erst, dann lachte er laut. Im Grunde sind sich beide wohl einig. Sie sind von diesem Thema kolossal genervt.
Nur, sie werden nicht verstummen — die nächsten Tage erst Recht nicht. Am Mittwoch findet das Halbfinale (14.30 Uhr) statt, in das es beide locker schafften. Im Gegensatz zu Julian Reus, der sich lange von Bolt ziehen ließ. Doch 20,51 Sekunden reichten nicht. Am Donnerstag gibt es dann das Finale.
„Ich will es unbedingt gewinnen“, sagt Gatlin: „Ich will eine Revanche.“ Er will seinen dritten WM-Titel nach dem Doppelerfolg 2005 in Helsinki. Viele werden den Amerikaner da nicht die Daumen drücken. Im Halbfinale über 100 Meter hatte es sogar leichte „Buh“-Rufe gegeben. Es liegt nicht nur daran, dass Gatlin gedopt hat, er hat es auch nie richtig bereut.
Bolt dagegen wird dann wieder gefeiert werden. Schon vor dem Vorlauf zelebrierte er am Dienstag erneut eine echte Show. Statt mit allen ordentlich hinter dem Mann mit dem Schild zum Start zu traben, büxte er aus. Sprintete vorneweg und derehte sich um als wolle er sagen: Wo bleibt ihr denn? Die Zuschauer waren begeistert. Vielleicht will er einfach nur spielen.