Diskus Nadine Müller holt sich WM-Bronze — Im letzten Versuch noch von Platz zwei gedrängt
Die Leipziger Athletin wurde für eine harte Zeit belohnt.
Peking. Wer so gut gelaunt ist, der erlaubt sich schon mal ein Späßchen. „So, tschüssi!“, rief Nadine Müller den deutschen Medienvertretern im Pekinger Vogelnest zu und zog schelmisch ihren kleinen Rollkoffer hinter sich her. Nach ein paar Metern drehte sie wieder bei. Natürlich gab die Diskuswerferin Auskunft über das Finale, in dem sie WM-Bronze geholt hatte.
Schön, ja richtig schön sei es, wieder in der Spitze der Welt zu sein, sagte sie. Nadine Müller war da schon einmal. 2011, als sie Silber bei der WM in Daegu holte, und 2012, als Platz zwei bei der EM folgte — hinter der Kroatin Sandra Perkovic. Die lag auch diesmal wieder vor ihr. Aber erst ganz am Schluss.
Bis zum letzten Versuch steuerte Müller auf Silberkurs. Schon im ersten Versuch hatte sie einen rausgehauen, wie man so schön sagt - 65,53 Meter. Die Weite lag nur knapp unter ihrer Saisonbestleistung, die sie bei den Deutschen Meisterschaften in Nürnberg aufgestellt hatte. „Ich wollte ganz locker in den ersten Versuch gehen“, sagte sie. Es gelang, und es war ihr bester.
Danach verkrampfte die 29-Jährige zusehends, sie verlor die Linie. „Das Bein wurde schwer“, erklärte sie. Um Gold ging es nicht. Die Kubanerin Denia Caballero hatte ebenfalls vorgelegt: 69,28 Meter. Diese Weite lag für die 1,93 Meter Leipzigerin utopisch weit entfernt. Doch sie hatte ein anderes Ziel. „Ich wollte mit aller Gewalt die 66 Meter in einem großen Wettkampf im Stadion zeigen. Außerdem war ich nicht sicher, dass die 65 für eine Medaille reichen.“ Es kam wie so oft in den technisch anspruchsvollen Disziplinen: Wenn der Kopf etwas zu sehr will, macht der Körper nicht mit. Wurf um Wurf entglitt ihr regelecht.
Neben Perkovic kam auch Yaime Perez aus Kuba immer näher. Sie blieb im letzten Wurf knapp hinter Müller, Perkovic zog vorbei. Bronze gewonnen oder Silber verloren? Es ist wohl die beliebteste Frage , die Journalisten in diesen Situationen stellen. Natürlich muss auch Müller sie beantworten. Sie tut es mit einem ehrlichen Lächeln: „Bronze gewonnen“, sagte sie und strahlte. In der ersten Emotion war das noch ein bisschen anders gewesen. Doch das behält sie für sich. Als sie den letzten Wurf der Kroatin verfolgt, entfleucht ihr ein kurzes „Scheiße“. Der Frust war schnell vergessen.
Um sich zu ärgern, dafür war die Zeit, die hinter ihr lag, einfach zu anstrengend und schmerzhaft. Knieprobleme, Schmerzen, die auf Hüfte und Rücken ausstrahlten. Fast zwei Jahre zog sich das hin — vergangenes Jahr verpasste sie deswegen sogar die EM. Die Rückkehr war ein langwieriger Prozess. „Sich wieder ranzukämpfen war hart“, gestand sie: „Deshalb nehme ich die Medaille auch als Belohnung dafür.“ Auf einem Podestplatz war zwischenzeitlich auch mal Julia Fischer gelegen. Die Freundin von Robert Harting hatte ebenfalls im ersten Versuch mit 63,88 Metern ihre beste Weite erzielt. Es reichte am Ende zu Platz fünf.
„Vor dem Wettkampf wäre ich damit zufrieden gewesen“, sagte Fischer: „Jetzt bin ich ein bisschen enttäuscht, dass ich danach so den Faden verloren habe.“ Rundum zufrieden war Shanice Craft, die Siebte wurde. Drei Deutsche im Finale, es spricht für die Stärke dieser Wurfdisziplin. Die 22-jährige Craft, das Küken des Trios, befand: „Für meine erste WM war das gut“
Mit einer Medaille hatte sie nicht gerechnet. Müller auch nicht. „Aber geliebäugelt habe ich schon damit“, verriet sie. Dazu hatte sie einen konkreten Auftrag bekommen — eine Dienstanweisung quasi, von Polizeimeisterin zu Polizeimeisterin. Müller teilt sich das Zimmer wie stets bei großen Events mit Stabhochspringerin Martina Strutz, die am Donnerstag (13 Uhr) ihr Finale bestreitet. „Bring `ne Medaille mit“, hatte die ihr hinterher gerufen. Auftrag ausgeführt.