Leverkusen vor der „Woche der Wahrheit“
Bayer 04 kann gegen drei Top-Teams die Reifeprüfung ablegen. Erst Frankfurt, dann Bayern im Pokal — und danach Dortmund.
Leverkusen. Thirteen Days (13 Tage) ist ein Polit-Thriller, der die Geschehnisse der Kuba-Krise im Oktober 1962 abarbeitet. Wesentlich weniger dramatisch ist die Lage für Fußball-Bundesligist Bayer Leverkusen. Und doch sind die 13 Tage vom vergangenen Montag bis zum Samstag der nächsten Woche ganz entscheidende. Wird es eine fantastische Saison oder bleibt es die bisher gute? „Jetzt geht es darum, dass wir dahin kommen, wo wir hin wollen“, sagte Kapitän Lars Bender.
Was der 28-Jährige meint, ist die Qualifikation zur Champions League. Dafür konnte die „Werkself“ am vergangenen Montag mit dem furiosen 4:1 bei RB Leipzig einen direkten Konkurrenten besiegen, es warten jedoch schon die nächsten. Heute (15.30 Uhr) geht es für das Team von Trainer Heiko Herrlich gegen Eintracht Frankfurt, nächsten Samstag dann zu Borussia Dortmund. Zwischen diesen beiden anspruchsvollen Aufgaben liegt am Dienstag noch das DFB-Pokal-Halbfinale gegen Bayern München, die edelste aller POrüfungen und ein echter Höhepunkt. Die Reifeprüfung.
„Viele sagen, dass ist die Woche der Wahrheit. Genau solche Situationen aber liebe ich. Und meine Spieler ebenso“, sagt Herrlich. Zwar muss der 46-Jährige auf Linksverteidiger Wendell (Bänderriss im Sprunggelenk) verzichten und ist zudem der Einsatz von Torhüter Bernd Leno (Bänderdehnung im Knie) sowie Innenverteidiger Sven Bender (verstauchtes Sprunggelenk) fraglich, Herrlich aber bleibt ruhig. „Wir haben doch positiven Druck, daher sehe ich mehr Chance als Gefahr. Es gibt nichts Schöneres, als gemeinsam etwas zu erreichen.“
Dass Leverkusen dies zuzutrauen ist, hat Gründe. Da ist die taktische Flexibilität, welche Herrlich den Seinen mit dem Einstudieren vieler verschiedener Systeme verliehen hat. Ob 4-2-3-1, 4-2-2-2, 4-1-4-1 oder 3-4-3 — die „Werkself“ kann nach Gegner oder eigener Personal-Lage variieren. Oft schon hat Herrlich in dieser Hinsicht dem Spielstand angemessen sogar in der Halbzeitpause umgestellt und den Gegner so überrascht.
Ein weiterer Schlüssel sind die zwei defensiven Mittelfeldspieler Julian Baumgartlinger und Charles Aranguiz, die für das Gleichgewicht im Spiel der „Werkself“ Stabilisator sind. Konzentriert erobern der Österreicher und sein chilenischer Nebenmann Bälle, ruhig und präzise baut das Duo danach von hinten auf. „Die beiden sind im Laufe der Saison immer wichtiger geworden“, sagt Herrlich.
Aber: Die Leistung bleibt schwankend. Leverkusen besitzt hinter Leipzig den jüngsten Kader der Bundesliga, da mangelt es Spielern an Konstanz. Nebengeräusche wie Wechselgerüchte sind besonders kontraproduktiv. Möglich, dass Julian Brandt auch deshalb seinen Vertrag zügig verlängert hat. „Das war eine kleine Befreiung“, sagte der 21-Jährige nach seiner Gala in Leipzig und ergänzte: „Es ist gut, wenn die Zukunft geklärt ist.“ Die der „Werkself“ wird es auch bald sein. Es sind 13 wichtige Tage.