Vettel vor Heimrennen: „Mit Gewalt geht gar nix“
Nürburgring (dpa) - Am Ende zählt nur der zweite Titel, doch auf dem Weg dahin wäre der erste Heimsieg auch für Sebastian Vettel etwas Besonderes. „Klar wäre es ein Highlight, den Heim-GP zu gewinnen“, sagte der Formel-1-Weltmeister der Nachrichtenagentur dpa vor dem GP von Deutschland.
Einmal Zweiter - so lautet die bisherige Vettel-Bilanz auf dem Nürburgring. Sechs Siege schlagen dagegen schon in diesem Jahr für den souveränen WM-Spitzenreiter im Red Bull zu Buche. Doch Vettel weiß auch: „Mit Gewalt geht gar nix.“
Die Devise ging bislang in dieser Saison auf. Dreimal nur stand Vettel bei bisher neun Rennen nicht auf dem obersten Podestplatz, dafür landete er jeweils immer Rang zwei. 80 Punkte Vorsprung hat er vor dem Deutschland-Rennen auf seinen Teamkollegen Mark Webber. Die Verfolger von Ferrari und McLaren liegen noch weiter zurück. „Die Gefahr, zu früh in Euphorie auszubrechen, gilt es für uns zu kontrollieren“, betonte Vettel, während für viele sein erneuter Titeltriumph nur eine Frage der Zeit ist.
Der immer noch erfreulich geerdete Überflieger richtet den Blick aber lieber auf sich als auf andere. Auch von den Spekulationen um Webber und dessen Zukunft bei Red Bull oder die Verpflichtung eines neuen Stallrivalen will sich Vettel nicht aus der Spur bringen lassen. „Am Ende interessiert es mich nicht, wer mein Teamkollege ist, solange er oder sie ehrlich sind und man sich gegenseitig respektiert“, sagte Vettel zu den zwei wichtigsten Merkmalen, die sein Mitstreiter im Weltmeister-Team des österreichischen Milliardärs Dietrich Mateschitz haben oder mitbringen muss.
Bei aller Harmonie: Für Vettel kommt es auch drauf an, dass er bereits im internen Duell gefordert wird. Es brauche auch „immer zwei Fahrer, die sich gegenseitig genug pushen, so dass man ständig das Limit neu ausloten muss“, meinte der Heppenheimer, der sich vor allem im vergangenen Jahr einige heiße Duelle mit Webber geleistet hatte. In dieser Saison hat er den 34-Jährigen, dessen Vertrag nach dieser Saison ausläuft, im Griff. Selbst wenn dieser die Teamanweisung missachtet und wie zuletzt in Silverstone zur Attacke auf den Weltmeister bläst.
„Ich habe meinen Platz gegen Mark verteidigen müssen, und das war auch gut so“, sagte Vettel, der in Großbritannien nach einem verpatzten Boxenstopp seines Teams nur Fernando Alonso im Ferrari den Vorrang lassen musste. Der erstaunlich schnell gereifte Weltmeister lässt sich von solchen Missgeschicken aber nicht mehr die Laune verhageln: „Ich überschätze weder Erfolge noch lasse ich mich bei Misserfolgen herunterziehen.“
Zumal nun für ihn und den anderen fünf deutschen Piloten einer der Saison-Höhepunkte ansteht. Nicht viele hätten das Glück, einen Grand Prix im eigenen Land fahren zu können, betonte Vettel. Hinzu kommt, dass die Formel 1 auf dem Eifel-Kurs gefährdet ist. Der Vertrag endet nach dem Rennen an diesem Wochenende, 2012 ist wieder der Hockenheimring an der Reihe. Ob und wo Vettel & Co 2013 in Deutschland Gas geben, ist derzeit noch offen.
Vettel richtet seinen Fokus aber ohnehin auf die Gegenwart. Bereits an diesem Mittwoch wird er wegen eines Sponsoren-Termins am „Ring“ sein. „Ich lebe nicht in der Vergangenheit und auch nicht in der Zukunft, sondern im Jetzt, und versuche mich auf die Dinge zu konzentrieren, die unmittelbar vor mir liegen“, sagte er.
Nachdem der Hesse in der vergangenen Saison erst im letzten und damit entscheidenden Rennen erstmals an der WM-Spitze gestanden hatte, führt er in der laufenden Saison seit dem ersten Grand Prix. Ein Heimsieg in der Eifel würde nicht nur seinen WM-Vorsprung vergrößern, sondern auch die sportliche Vita Vettels bereichern. Vom süßen Geschmack der Überlegenheit lässt er sich aber nicht verführen: „Ich genieße den Erfolg erst dann, wenn ich ihn habe.“