Kronprinz: Folger auf dem Weg zum Champion
Doha (dpa) - Jonas Folger ist selbstbewusst geworden. Der junge Mann, der mit 16 und damit als bislang jüngster Deutscher einen Motorrad-Grand-Prix gewann und deshalb auf dem Siegerpodest nicht mal mit Schampus feiern durfte, spricht mittlerweile selbst vom Weltmeistertitel.
Der inzwischen 19 Jahre alte Bayer startet als Kronprinz für den in die Moto2-Klasse abgewanderten Champion Sandro Cortese in die neue WM-Saison, die am Sonntag in Katar beginnt. Die Voraussetzungen stimmen, nun liegt es an Folger selbst.
Vor 30 Jahren gelang es den deutschen Motorradpiloten letztmals, drei Jahre in Serie WM-Titel einzufahren. Damals war es Toni Mang, der dies im Alleingang schaffte. Nach Stefan Bradl 2011 und Cortese im vergangenen Jahr hält es die Fachwelt nicht für ausgeschlossen, dass sich Geschichte wiederholt. Folger ist durch Misserfolge in den vergangenen beiden Jahren gereift. Sein Umfeld arbeitet mittlerweile so professionell, dass er neben Maverick Vinales, Luis Salom oder Alex Rins und Alex Marquez zu den Favoriten auf den Moto3-Titel gehört.
Folgers Karriere war zwischenzeitlich völlig aus der Spur gelaufen. 2011 fiel er bei seinem damaligen Teamchef Aki Ajo in Ungnade, weil er bei der Streckenbesichtigung in Brünn unter sengender Sonne zusammengebrochen war und das Rennen verpasste. Ajo versetzte Folger zur Strafe von der siegtauglichen Werksmaschine auf einen langsameren Production Racer. 2012 kam er beim italienischen Ioda-Team unter, doch dessen 125er-Eigenkonstruktion streikte mehr, als das sie fuhr.
Erst als er Mitte des Jahres vom Erfolgsteam des Spaniers Jorge Martinez „Aspar“ als Ersatz für den glücklosen Alberto Moncayo angeheuert wurde, wendete sich das Blatt. Auf der starken Kalex fuhr Folger gleich beim ersten Einsatz in Indianapolis auf das Podest. Der zweite Auftritt in Brünn brachte den ersten Sieg, zwei weitere Podestplätze folgten bis zum Jahresende. Und natürlich auch der Anschlussvertrag bei Martinez für 2013.
An der Entwicklung der Kalex-KTM für 2013 hat Folger mitgearbeitet. „Das Chassis ist etwas größer, die Verkleidung etwas voluminöser, das kommt mir als relativ großem Fahrer entgegen“, sagt Folger und betont: „Außerdem ist das Fahrwerk beim Bremsen stabiler und bleibt auf der Linie - das passt gut zu meinem aggressiven Fahrstil.“ Genau das konnte er schon bei den Frühjahrstestfahrten unter Beweis stellen.
Erheblichen Anteil an Folgers guter Form hat Christian Llavero. Der Spanier war bereits 2006 während Folgers Rennfahrerausbildung in der spanischen MotoGP-Academy sein Mechaniker. Nach dem Tiefschlag 2011 engagierte Folger ihn als Fitness- und Mentaltrainer sowie als Manager. Außerdem ist er ein guter Freund, der seinem Schützling nicht von der Seite weicht.
Im November wurde Folger Vater, Freundin Janina brachte Töchterchen Sophie zur Welt. „Geplant war das nicht“, sagt Folger. Zwischenzeitlich hat die junge Familie eine eigene Wohnung bezogen. Von einer alte Fahrerlagerweisheit, dass das erste Kind den Vater auf der Rennstrecke pro Runde eine halbe Sekunde kostet, will Folger nichts wissen: „Davon konnte ich bei mir nichts feststellen“.