Vettel: „Ich entschuldige mich nicht fürs Gewinnen“
Shanghai (dpa) - Sebastian Vettel kennt im Kampf um Platz 1 auch in Zukunft kein Pardon. Kurz vor dem Wiedersehen auf der Rennstrecke mit „In-Team“-Feind Mark Webber stellte der dreimalige Formel-1-Weltmeister unmissverständlich klar:
„Ich entschuldige mich nicht fürs Gewinnen. Dafür bin ich an erster Stelle angestellt worden und darum bin ich hier.“ Vielmehr gebe es auch nicht zu sagen, bekräftigte Vettel mit Blick auf das Zoff-Rennen zuletzt in Malaysia.
Die Leute hätten leider nicht gesehen, dass Red Bull dort einen sehr guten Job als Team gemacht habe, meinte Vettel in einem Video-Interview eines persönlichen und auch Team-Sponsors, das in Shanghai aufgezeichnet und am Mittwoch veröffentlicht wurde. „Was in den Köpfen geblieben ist, ist der Rennausgang“, meinte Vettel. Und der lautete Vettel vor Mark Webber, seinem eigenen Stallkollegen, den der 25 Jahre alte Heppenheimer entgegen der Teamanweisung überholt hatte.
Entschuldigt habe er sich nach dem Rennen beim Team dafür, dass er sich über die Interessen des Rennstalls gestellt habe, betonte Vettel vor dem Großen Preis von China. Dass er seinem 36 Jahre alten Teamkollegen womöglich aus schlechtem Gewissen Geschenke machen könnte, erscheint nun erst recht zweifelhaft. „Ich liebe Racing. Und das hab' ich gemacht“, rechtfertigte sich Vettel.
Eine Bremse vom Team hat er auch nicht mehr zu fürchten. Nach der in Sepang kräftig misslungenen Anweisung von der Box will Red Bull darauf künftig wieder verzichten. „Stallorder wird es bei uns keine mehr geben“, kündigte Motorsportchef und Vettel-Intimus Helmut Marko in der „Sport Bild“ an. Das Team kehrt vor dem dritten WM-Lauf am Sonntag zum jahrelang demonstrativ proklamierten Motto zurück: Freie Fahrt für die Stallrivalen.
Und so wie er in dem Video wirkte, wird Vettel das Wiedersehen mit den Rivalen recht entspannt und gewohntermaßen entschlossen angehen. Kann er aus WM-Sicht ohnehin: Nach seinem Sieg in Sepang hat er 40 Punkte nach zwei Rennen und führt vor Australien-Sieger Kimi Räikkönen (31) und Webber (26). Außerdem gilt Vettel als Asien-König. Kein anderer Fahrer hat dort mehr Grand Prix gewonnen als der Triple-Champion. 17 Erfolgen in Asien stehen zehn Siege außerhalb des Kontinents gegenüber. Michael Schumacher ist in dieser Statistik Zweiter. Der Rekord-Weltmeister durfte in Asien 13-mal jubeln.
Trotz Startplatz elf landete Vettel 2012 nach einer wütenden Aufholjagd noch auf Position fünf. Bessere Erinnerungen hat der 25-Jährige aber an das Jahr 2009. „Wir hatten ein gutes Qualifying und dann ein tolles Rennen“, erzählte Vettel über seinen ersten Sieg im Red Bull. Webber raste damals auf Platz zwei.
Auf Platz eins stand vor einem Jahr Nico Rosberg mit einem Silberpfeil. Und an der Stätte des einzigen Sieges seit der Rückkehr von Mercedes als Werksteam soll der Aufwärtstrend aus der noch jungen neuen Saison fortgesetzt werden. Er habe mit seinem „Auto ein gutes Gefühl vor diesem Grand Prix“, sagte der 27-Jährige vor der zehnten Auflage in China.
Auch Mercedes hatte in Malaysia sehr zum Unwillen von Formel-1-Chef Bernie Ecclestone seine Fahrer vom Kommandostand maßgeblich aus gesteuert - und gebremst. Obwohl Rosberg in Malaysia schneller gewesen war, hatte er sich der Order des Rennstalls gebeugt und Lewis Hamilton als Dritten nicht überholt. Der Wiesbadener und der Aufsichtsratsboss Niki Lauda gingen auf Distanz zu Team-Chef Ross Brawn. Hamilton kann's egal sein.
Mit 25 Punkten steht der Brite gut da. Sollten sich nach der zweiwöchigen Klausur technische Fortschritte am Wagen einstellen, gilt der zweimalige China-Sieger mindestens wieder als Kandidat für das Podium. „Unser Saisonstart verlief besser als erwartet“, konstatierte Hamilton. „Ich weiß aber, dass wir noch mehr erreichen können.“
Luft nach oben hat auch Fernando Alonso. Nach der Nullnummer von Sepang will Vettels Dauerrivale im Titelrennen Boden gut machen. 22 Punkte Rückstand auf den Deutschen sind selbst zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison nicht nach dem Geschmack des Ferrari-Piloten, der am Mittwoch ankündigte, die Scuderia bis zu seinem Karriereende auch nicht mehr verlassen zu wollen.