Rassismus-Diskussion Tönnies’ umstrittene Entscheidung in eigener Sache
Düsseldorf · Drei Monate will Schalkes starker Mann sein Amt ruhen lassen – und dann weitermachen. Dann soll nach seiner rassistischen Aussage gegenüber Afrikanern wieder alles gut sein.
Drei Monate und dann soll alles wieder gut sein. „Herr Tönnies wird nach diesen drei Monaten ganz normal in seine Tätigkeit zurückkehren“, kündigte Alina Bolous von der Unternehmenskommunikation des Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04 am Tag nach der Sitzung des Ehrenrats an. Nein, die Zeit werde nicht genutzt, um einen Nachfolger für den mächtigen Aufsichtsratschef zu suchen, der durch seine als rassistisch empfundenen Äußerungen in die Kritik geraten war.
Dass der millionenschwere Fleischfabrikant Clemens Tönnies offenbar selbst über die Konsequenzen aus seiner Wortwahl und die Dauer entscheiden konnte, in der er mit sofortiger Wirkung das Amt an der Spitze des Aufsichtsrats ruhen lässt, bezeichnet das Fachmagazin „Kicker“ als „Gipfel der Peinlichkeiten in dieser vom ersten Moment an unglaublichen Farce“. Für den gewählten Zeitraum von drei Monaten hatte auch Sprecherin Bolous keine näheren Erklärungen. „Das war einfach das Ergebnis des Termins mit dem Ehrenrat.“
Fünfköpfiges Gremium tagte am Dienstagabend
Bis tief in die Nacht hatte das fünfköpfige Gremium am Dienstag zusammen mit Tönnies getagt. Zum Ehrenrat zählen der Vorsitzende Hans-Joachim Dohm, evangelischer Pfarrer im Ruhestand, sein Stellvertreter, der Bochumer Rechtsprofessor Klaus Bernsmann, Götz Bock, Richter am Hessischen Finanzgericht, Steuerberater Bernhard Terhorst und Kornelia Toporzysek, Richterin am Düsseldorfer Oberlandesgericht.
Tönnies’ Aufgaben im elfköpfigen Aufsichtsrat der Schalker soll in den drei Monaten sein Stellvertreter Jens Buchta übernehmen. Der Aufsichtsrat kommt sechs- bis achtmal im Jahr zu Sitzungen zusammen, der nächste Termin ist im September angesetzt. Tönnies werde in der Zeit an den Sitzungen nicht teilnehmen, das Gremium sei aber weiter beschlussfähig, so Bolous. Ob der Vorsitzende über drei Monate auch vom Mailverkehr ausgeschlossen sei, „kann ich nicht beantworten“. Über Handy sei er aber sicher weiter normal zu erreichen.
Am Mittwoch gab dann auch der Vereinsvorstand eine Erklärung ab: „Bei aller Emotionalität und Aufgeregtheit der letzten Tage lassen wir den Ruf des Vereins nicht auf eine diskriminierende Aussage reduzieren.“ Entscheidend sei jetzt der Zusammenhalt von Mitgliedern, Fans und Verantwortlichen.
Der steht aber weiter auf dem Spiel. Als Reaktion auf die aus ihrer Sicht zu milde Beurteilung von Tönnies’ Klimawandel-Äußerungen und seine Forderung nach Kraftwerksbauten in Afrika („Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn‘s dunkel ist, Kinder zu produzieren.“) kündigten einige S04-Mitglieder im Internet ihren Austritt an. Fan-Aktionen im ersten Heimspiel der Schalker am 24. August gegen Bayern sind ebenfalls nicht ausgeschlossen.
Auch für die DFB-Ethikkommission ist das Thema noch nicht vom Tisch. Der Vorsitzende Nikolaus Schneider, früherer Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland, bestätigte, dass der Fall auf der nächsten Sitzung am 15. August Thema bleibt. Die Kommission kann selbst kein Urteil fällen, wohl aber Anklage erheben.