Mission Olympia 2020 Schwimm-Präsidentin Dörries und ihr Reformkurs

Berlin (dpa) - Medaillen-Nullnummern bei Olympia, nur einmal Silber bei der WM. Gabi Dörries führt den Deutschen Schwimm-Verband als Präsidentin nicht gerade zur Jubelzeit.

Foto: dpa

Die Misserfolge im Becken, Kritik an neuen Konzepten und eine finanziell schwierige Situation fordern die 56-Jährige und Chefbundestrainer Henning Lambertz. „Sie hat eine schwere Aufgabe übernommen“, sagt der 2016 zurückgetretene Weltrekordler Paul Biedermann der Deutschen Presse-Agentur. Dörries erklärt ein Jahr nach ihrer Amtsübernahme: „Ich bin von den Aufgaben erschlagen worden.“

Überfordert oder gar entmutigt klingt sie dabei nicht: „Es liegen viele Aufgaben vor uns, aber wir denken auch, dass wir gut im Plan sind.“ Dörries setzt im DSV auf klare Arbeitsteilung. „Meine Aufgabe ist es, Strukturen zu schaffen, damit alles funktioniert“, erklärt sie. Für die sportlichen Dinge sind die Trainer und der neue Leistungssportdirektor Ruben Goebel zuständig.

Um nach zuletzt zwei Olympischen Spielen ohne Edelmetall im Schwimmbecken irgendwann wieder Triumphe zu feiern, haben Lambertz und der DSV nach Rio 2016 Reformen angestoßen. Ein Kraftkonzept, mehr Zentralisierung und härtere Qualifikationsnormen sollen die Athleten nach vorne bringen.

Nicht alle Schwimmer sind von den Änderungen begeistert. „Die einen stehen dem sehr skeptisch gegenüber, die anderen gehen da voll mit“, sagt Athletensprecherin Sarah Köhler zum Kraftkonzept. Vor und während den Weltmeisterschaften im Sommer in Budapest gab es immer wieder Kritik - auch, weil die kurzfristigen Erfolge ausblieben. Einzig Franziska Hentke gewann für den DSV eine Medaille.

Von Dörries hat Lambertz die volle Unterstützung. „Wenn ich die Rückendeckung nicht hätte, würde ich den Job jetzt nicht mehr machen“, sagt der Chefbundestrainer. „Dann wäre ich ja ein Einzelkämpfer.“ Lambertz weiß aber auch: Spätestens bei Olympia 2020 müssen er und seine Sportler liefern.

„Die Bundestrainer haben ihre Aufgaben und wir machen sie dann nach Tokio für die Ergebnisse verantwortlich“, sagt Dörries. Das gelte nicht nur für Lambertz mit den Beckenschwimmern, sondern beispielsweise auch für dessen Kollegen im Freiwasser und beim Wasserspringen. Diese Zeit müsse man den Trainern geben. „Es bringt auch nichts, nach jedem nicht so guten Ergebnis hektisch zu reagieren“, meint Dörries.

Sie lässt die Trainer so gut es geht in Ruhe arbeiten und kümmert sich um ihre Baustellen im Verband. „Das Ziel ist der außerordentliche Verbandstag im Dezember 2018“, erklärt Dörries. „Dort wollen wir eine neue Struktur der Gremien, eine neue Satzung, ein Finanzkonzept und ein Marketingkonzept vorstellen.“ Viele Neuerungen sind bereits von ihr angestoßen. Wenn Dörries den Verband nicht übernommen hätte, „würden wir den DSV in der Form, in der wir ihn kennen, wohl nicht mehr sehen“, sagt Lambertz.

Die Veränderungen sind nötig, um auch weiterhin staatliche Fördergelder zu bekommen. Die Veränderungen sorgen aber auch für Skepsis. Deshalb führt Dörries Gespräche. Viele Gespräche. Nähe zu Landesverbänden und Athleten sei ihr wichtig, erklärt die Software-Unternehmerin aus Schleswig-Holstein.

Im Sinne der Harmonie hat sie darauf verzichtet, eine eigentlich als Anschubfinanzierung geplante Sonderzahlung der Landesverbände an den Dachverband in Höhe von 50 Cent pro Mitglied einzufordern. Sie wolle sich nicht „in rückwärtsgewandten Diskussionen verzetteln“, sagt die Präsidentin diplomatisch. Kommunikation ja, Energieverschwendung nein.

„Wenn wir das Gefühl haben, dass etwas nicht so läuft, wie es für uns gut ist, hat sie immer ein offenes Ohr für uns“, sagt Freistilschwimmerin Köhler. Aus ihrer Sicht geht die Entwicklung in die richtige Richtung. Auch Wasserspringer und Olympia-Bronze-Gewinner Patrick Hausding ist mit Dörries' Arbeit zufrieden. Für eine abschließende Beurteilung müsse man aber die nächsten Jahre abwarten. In Tokio soll sich zeigen, ob der eingeschlagene Weg der richtige ist.