Davis-Cup-Aus gegen Frankreich - Erkenntnisse gewonnen
Nancy (dpa) - Der Frust über die verpasste Überraschung in Frankreich wich im deutschen Tennis-Team schon bald dem Stolz über einen starken Auftritt.
„Natürlich ist man erst einmal enttäuscht“, sagte Teamchef Carsten Arriens nach der 2:3-Niederlage in Nancy, durch die das deutsche Tennis-Team den ersten Halbfinal-Einzug seit 2007 knapp verpasste. „Aber wir sind gerade in der Kabine noch einmal zusammengekommen, da hat jeder etwas gesagt. Danach ging es mir schon etwas besser“, sagte Arriens. „Es war eine tolle Woche mit tollem Teamgeist“, schwärmte der Bundestrainer trotz des Ausscheidens.
Das Quartett Tobias Kamke, Peter Gojowczyk, Jan-Lennard Struff und Andre Begemann tat mit seinem erfrischen Auftritt im Palais Des Sports Jean Weille einiges, um das ramponierte Image des deutschen Herren-Tennis als Folge des Eklats von Frankfurt wieder aufzupolieren. Anfang Februar hatten sich Philipp Kohlschreiber, Tommy Haas und Florian Mayer beim Erstrundensieg gegen Spanien geweigert, am Schlusstag zum bedeutungslosen Einzel anzutreten. Damit stürzte das Trio den Deutschen Tennis Bund in heftige Turbulenzen.
Zumindest für Kohlschreiber und Haas dürfte es deshalb keinen Weg zurück ins Team geben. Während sich die Karriere von Haas mit 36 Jahren auch wegen vieler Verletzungen dem Ende zuneigt, hat sich Kohlschreiber mit ständigen Querelen selbst ins Abseits befördert. „Zum jetzigen Zeitpunkt habe ich kein Bild dafür, dass er noch einmal im Davis Cup spielt“, sagte Arriens.
Der Teamchef kündigte „zeitnah“ ein Gespräch mit dem Augsburger an, der am Sonntag in der „ZDF-Sportreportage“ noch einmal nachlegte und mehr „Wertschätzung“ für sich und seine Kollegen forderte. „Ich will einfach noch einmal hören, was er mir zu sagen hat“, sagte Arriens zu dem bevorstehenden Treffen. „Das ist eine Stilfrage.“ Ein Zurück für Kohlschreiber dürfte anders als für Mayer dennoch ausgeschlossen sein.
Dass er auf den derzeit zweitbesten deutschen Tennisspieler nicht zwingend angewiesen ist, zeigte der deutsche Auftritt in Nancy. „Es war eine rundum harmonische Woche“, hatte Arriens bereits am Freitag gesagt. Da durfte das deutsche Team sogar von der Sensation träumen, weil Kamke gegen Julien Benneteau und Gojowczyk gegen Jo-Wilfried Tsonga mit zwei leidenschaftlichen Auftritten für ein völlig unerwartetes 2:0 gesorgt hatten.
Doch nach dem verlorenen Doppel von Kamke und Begemann gegen Benneteau und Michael Llodra am Samstag wusste Arriens, dass es am Schlusstag schwer wird. „Das war der Wendepunkt“, gab Arriens am Sonntag zu. Denn in den beiden verbliebenen Einzeln war der Druck für das im Davis Cup völlig unerfahrene deutsche Team noch zu groß.
Zunächst verlor Kamke das Spitzenduell gegen den französischen Topspieler Jo-Wilfried Tsonga klar mit 3:6, 2:6, 4:6. Dann musste sich Gojowczyk in seinem erst zweiten Davis-Cup-Einzel im Hexenkessel Palais Des Sports Jean Weille Publikumsliebling Gael Monfils mit 1:6, 6:7 (0:7), 2:6 geschlagen geben. „Die Franzosen waren heute einfach zu gut, vor allem Monfils hat unfassbar gut gespielt“, sagte Arriens.
Damit gab eine deutsche Mannschaft erstmals seit 1995 wieder eine 2:0-Führung noch aus der Hand. In Moskau unterlag das deutsche Team vor 19 Jahren, unter anderem weil Michael Stich im letzten Einzel gegen Andrej Tschesnokow nach neun vergebenen Matchbällen im fünften Satz mit 12:14 verlor. Dennoch konnte Arriens den Auftritt in Frankreich als Erfolg verbuchen. „Mir ist um die Zukunft des deutschen Tennis nicht bange.“ Kamke und Co. sind jederzeit bereit. „Wenn der Teamchef mich nominiert, bin ich der Erste, der auf der Matte steht“, sagte Kamke.