Neuner im Einzel vom Winde verweht
Ruhpolding (dpa) - Nach dem WM-Debakel der deutschen Biathletinnen um Magdalena Neuner im Einzelrennen von Ruhpolding haben die deutschen Trainer einen Teil der Schuld auf sich genommen.
„Vielleicht können wir uns auch mal hinterfragen, ob wir vielleicht ein bisschen viel Hektik reingebracht haben mit dem Anschießen. Das sind alles Sachen, die wir teamintern besprechen müssen“, sagte Damen-Bundestrainer Ricco Groß nach dem enttäuschenden Klassiker über die 15 Kilometer.
Andrea Henkel wurde nach vier Schießfehlern lediglich 20., weil der Wind sich verändert hatte. Magdalena Neuner kam nach sechs Fahrkarten auf Platz 23. „Sechs Medaillen werde ich nicht mehr gewinnen, der Traum ist ausgeträumt - es sei denn, ich darf in der Herren-Staffel mitlaufen“, sagte die 25-Jährige. Miriam Gössner belegte nach fünf Strafminuten Rang 36 und Tina Bachmann beendete das Rennen nach sieben Fehlern auf Platz 48. „Ich glaube wir haben etwas gut zu machen, am Samstag in der Staffel. Ich glaube auch unseren Trainern gegenüber. Ich fürchte, wir werden noch eine Besprechung haben“, sagte Neuner.
„Eigentlich unerklärlich“, fand Groß das kollektive Versagen seiner Schützlinge. „Die Bedingungen waren zwar schwierig, aber in meinen Augen beherrschbar“, meinte der viermalige Olympiasieger. Sein Kollege Gerald Hönig stellte fest: „Wir haben zu vorsichtig reagiert.“ Nach dem ersten Schießen war das Rennen für die Deutschen, die bis auf Gössner je zwei Strafminuten kassiert hatten, eigentlich schon vorbei. „Es waren nur ein paar Rasten, und die waren entscheidend“, sagte Henkel.
Ganz schnell hatte Magdalena Neuner die Fassung wieder gefunden. „Das ist meine Lieblingsfrage, woran lag es“, antwortete die Rekord-Weltmeisterin am Ende ihres Interview-Marathons auf die immer gleichen Reporterfragen. „Was soll ich dazu sagen. Es war halt nicht das Rennen, wie ich es mir vorgestellt habe“, sagte sie. Ihr zweites WM-Gold in Ruhpolding holte Tora Berger. Die Norwegerin gewann vor Marie Laure Brunet (Frankreich) und Helena Ekholm (Schweden).
Nicht nur Neuners sechs Medaillen waren futsch. Sie hatte sich auch im letzten Versuch bei Großereignissen nicht mit einer Medaille über die schießlastigen 15 Kilometer krönen können. Denn bald ist ihre Sportkarriere vorbei. „Die Welt geht davon nicht unter, ich schaue auch nicht so aus, als würde ich gleich von der Brücke springen. Es ist schon alles in Ordnung, es ist Biathlon“, sagte Neuner und lächelte. Schließlich hat sie in Ruhpolding schon Gold, Silber und Bronze gewonnen.
Doch dann, angesprochen auf die Aussagen von Groß, Einzel-Weltmeister 1997, schaute sie wieder ernst. „Die Trainer haben halt schon, ja sie haben halt einfach einen nervösen Eindruck gemacht und ich glaube, das überträgt sich auch auf einen Sportler“, sagte sie - ein Vorwurf sollte das aber nicht sein. Darauf legte Neuner Wert. Aber: „Die Trainer hätten halt schon noch öfter gesagt, 'schau auf die Windfahnen, mach dies mach jenes'.“
Vielleicht hätten die Skijägerinnen im Wettkampf an die Ratschläge ihrer Trainer denken sollen. Sie sei, sagte Neuner, beim ersten Schießen rangelaufen „und die Fahnen haben ein bissel gewedelt, genau wie beim Anschießen, aber es war anscheinend nicht so“, sagte sie. „Wenn man dann mit zwei Fehlern ins Rennen geht, das ist schon ein bissel frustrierend. Von daher, Haken dran. Für die Trainer genauso, wie für uns.“
Gössner hat die direkte Qualifikation für den Massenstart verpasst. Die Bayerin belegt in der für den Start gültigen Rangliste nur Platz 33. Für das letzte WM-Rennen am Sonntag sind die besten 30 Skijägerinnen qualifiziert. Sicher dabei sind Neuner, Henkel und Bachman.