Langens Anschieber-Rotation schweißt Bob-Teams zusammen

Königssee (dpa) - Der Oberhofer Viererbob war früher so etwas wie eine geschlossene Gesellschaft. Das war bei Doppel-Olympiasieger Wolfgang Hoppe so und wurde auch vom viermaligen Olympiasieger André Lange so gepflegt.

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Um eine Mitfahrgelegenheit im Vorzeige-Gefährt zu bekommen, musste man nicht nur außergewöhnliche Qualitäten am Start mitbringen, sondern auch Charakter haben. Darüber wachte Heimtrainer Matthias Trübner.

In dieser Saison ist manches anders. Da die einstige Lange-Crew Alexander Rödiger, Martin Putze und Kevin Kuske mit diversen Verletzungsproblemen zu kämpfen hatte, fuhren beim ersten Weltcup Ersatzanschieber bei Weltmeister Maximilian Arndt mit. Der Oberhofer raste mit Kevin Korona, Joshua Bluhm und Ben Heber zum Sieg.

Aus der erzwungenen Situation machte Cheftrainer Christoph Langen, 1991 in Altenberg selbst Gast-Anschieber im Weltmeister-Bob von Hoppe, eine Tugend. „Für mich zählt nur die aktuelle Leistungsfähigkeit. Wir stecken die besten Jungs zu den besten Piloten, derzeit sind wir noch in der Probierphase. Die Wechsel schweißen auch die Teams zusammen“, sagte Langen, der nach veränderten Normen Startzeiten auf Weltklasse-Niveau verbucht.

Schnellster beim Anschubtest Ende Dezember in Oberhof war Martin Grothkopp aus dem Team von Zweierbob-Weltmeister Francesco Friedrich: Mit 1,84 Sekunden auf den ersten fünf Metern sowie 4,62 Sekunden für die Strecke von 15 bis 55 Meter. Der deutsche Meister von 2009 über 400 Meter vertritt derzeit Weltmeister-Anschieber Jannis Bäcker. „Er muss seine Verletzung an der Patellasehne komplett auskurieren, da können wir kein Risiko eingehen“, sagte Langen.

Aber auch Ex-Sprinter Bluhm - 10,95 Sekunden über 100 Meter - aus dem Team des nicht qualifizierten Manuel Machata, Ex-Zehnkämpfer Thorsten Margis sowie Heber und Korona haben gewaltig aufgeholt. „Die psychische Belastung ist wie beim Zehnkampf, Konzentration ist alles“, sagte Margis, dessen Heimtrainer ihm gute Arbeit im Sommer bescheinigte. „Er hat einen riesigen Schritt nach vorn gemacht. Wir müssen weiterhin Talente aus der Leichtathletik holen, nur so haben wir eine Chance“, betonte Bundestrainer Gerd Leopold.

Bluhm saß in Altenberg sogar hinter zwei verschiedenen Piloten. Erst wurde er Dritter mit Nico Walther im Zweierbob, dann schob er den Vierer von Friedrich an. „Egal, welcher Pilot vor einem sitzt. Ein Anschieber sollte flexibel sein und alle Positionen im Vierer besetzen können, man weiß ja nie was kommt“, meinte der Olympia-Starter. Nur ein Problem hat er mit den ständigen Wechselspielchen: „Man weiß materialtechnisch nicht, welche Arbeiten man am Bob verrichten soll.“ Diese Team-Tätigkeiten mit Schrauben, Polieren und Putzen sind bei den schweren Jungs klar verteilt.

Darüber muss sich auch Arndt keine Sorgen machen, der die vergangenen Tage nach seinem schweren Sturz in Altenberg am Sonntag daheim auf der Couch verbrachte. Seine Gehirnerschütterung klingt ab. Am Mittwoch reiste er an den Königssee. „Wir werden nach dem Training schauen, ob es geht. Ziel ist aber, am Königssee an den Start zu gehen und Punkte zu sammeln“, sagte der 27-jährige Weltmeister.