Pechstein verpasst EM-Ziele - noch keine Olympia-Form
Hamar (dpa) - Auch bei der Generalprobe für Olympia hat das „Wikingerschiff“ für Claudia Pechstein seinen Schrecken nicht verloren. Bei ihrer 20. Europameisterschaft verfehlte die 41-jährige Eisschnelllauf-Olympiasiegerin nach turbulentem Verlauf ihre Ziele mit Podestplätzen auf den langen Strecken.
„So ist Hamar“, kommentierte die Berlinerin lapidar, nachdem sie wegen einer Wechsel-Kollision über 1500 Meter zunächst nicht für das Finale qualifiziert war. „Aber ich kann mir die Orte ja nicht aussuchen“, fügte sie hinzu. Erst durch den Verzicht der Russin Jekaterina Schichowa war sie doch noch ins Feld der besten acht Läuferinnen gerückt und belegte am Ende Rang sieben.
Mit langem Gesicht hatte Pechstein nach ihrem 15. Platz auf der Mittelstrecke die Arena verlassen und sich in die Kabine zurückgezogen. „Das waren ganz schwierige Minuten für sie“, meinte ihr Lebensgefährte Matthias Große. „Ich hatte die EM schon abgehakt“, gab sie zu. Als sie dann überraschend doch die Chance über 5000 Meter bekam, war es schwer, die Aufregungen der vergangenen Minuten in den Griff zu bekommen. Doch sie löste das Problem: „Mit den 5000 Meter kann ich zufrieden sein. „Pechstein ist im Februar gut. Bis dahin habe ich noch Zeit, im Trainingslager die Lockerheit zu finden.“
„Das war Hektik pur“, bestätigte Teamchef Helge Jasach, der versuchte, nach den 1500 Metern das komplizierte Regelwerk für die Finalteilnahme zu entschlüsseln. „Erfreulich fair war aber, dass die Russin Olga Graf sich bei mir für die Wechsel-Kollision entschuldigte hat. Claudia hat richtig gehandelt, sonst wäre sie disqualifiziert worden“, bestätigte Jasch. Tags zuvor war Pechstein über 3000 Meter Fünfte geworden. „Das war gut, aber nicht sehr gut. Abgerechnet wird in Sotschi“, meinte sie.
Mit ihrem siebten Platz in der Gesamtwertung sicherte sie dem deutschen Verband das einzige Ticket für die Allround-WM im März in Heerenveen. „Es ist schon erschreckend, dass die 41-Jährige das Ticket holen muss“, meinte sie. Die Dresdnerin Jennifer Bay kam nur auf Platz 18 und verpasste vermutlich auch die Olympia-Fahrkarte.
Für Pechstein setzte sich im „Wikingerschiff“ hingegen eine Serie von Wettkämpfen fort, die sie nicht unbedingt in bester Erinnerung behalten wird. Hier war sie vor vier Jahren bei der WM wegen erhöhter Blutwerte aus dem Rennen genommen und später gesperrt worden. Im Vorjahr hatte sie ihre WM-Teinahme wegen einer Grippe abbrechen müssen.
Ihren dritten EM-Titel nach 2008 und 2013 sicherte sich Ireen Wüst und schloss damit zu der bisher erfolgreichsten Niederländerin Atje Keulen-Deelstra auf, die zwischen 1972 und 1974 gleichfalls dreimal siegreich war. EM-Silber sicherte sich ihre Teamgefährtin Yvonne Nauta vor der viermaligen Titelträgerin Martina Sablikova. Die Tschechin entschied die 5000 Meter in 6:58,13 Minuten für sich.
Bei den Herren dürfte auch in Abwesenheit des sechsmaligen Europameisters Sven Kramer der Titel in die Niederlande gehen. Vor dem abschließenden 10 000-Meter-Rennen deutete alles auf einen Zweikampf der beiden Oranje-Läufer Koen Verweij und Jan Blokhuijsen hin. Der Erfurter Robert Lehmann verpasste auf Platz 21 eine Startplatz für die WM. Damit sind erstmals seit über 60 Jahren keine deutschen Herren bei einer Mehrkampf-WM dabei. Tags zuvor hatte Lehmann zwar die Olympia-Norm über 5000 Meter erfüllt. Er weiß aber nicht, ob er vom DOSB nominiert wird, da auf der Strecke das deutsche Kontingent mit drei Olympia-Startern ausgereizt ist.