Deutsche Rodler trotz aller Erfolge bescheiden
Whistler (dpa) - Selbstzufriedenheit? Nein, danke! Nach dem unglaublichen WM-Siegeszug der deutschen Rodler übten sich die Verantwortlichen mit Blick auf das große Ziel Olympia in Bescheidenheit.
„In Sotschi werden die Karten neu gemischt“, mahnte Sportdirektor Thomas Schwab vom Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD). Den nahezu perfekten Auftritt seiner Schützlinge am Wochenende bei der WM in Kanada wollte er nicht zu hoch bewerten. „Whistler war ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg nach Sotschi. Aber mehr nicht.“
Alle vier Titel hatten die Rodler auf der Olympia-Bahn von 2010 um den einmal mehr überragenden Olympiasieger Felix Loch eingefahren und zudem acht von zehn möglichen Podestplätzen verbucht. „Unser Team ist eine sensationelle WM gefahren“, lobte denn auch der langjährige Rodel-Bundestrainer Schwab seine Schützlinge und sah „Rückenwind“ für die Winterspiele in einem Jahr.
Doch der Erfolg soll vor allem Ansporn sein: „Wir dürfen jetzt nicht nachlassen und müssen die sportlichen Parameter weiterentwickeln, die uns im Moment so stark machen“, forderte der Sportdirektor. Endgültig rückt Olympia 2014 schon in knapp drei Wochen ins Blickfeld, wenn auf der neuen Eisrinne in Sotschi das Weltcup-Finale ansteht. Dann wird sich möglicherweise schon zeigen, wer die Hauptkonkurrenten bei den Winterspielen sein werden.
Gehörig unter Druck stehen nach einer völlig missratenen WM die russischen Gastgeber. Vor einem Jahr hatte Schwab nach der WM in Altenberg diese als Hauptgegner für 2014 ausgemacht, in Whistler erlebten die Russen aber einen herben Rückschlag. Tatiana Iwanowa, immerhin WM-Zweite von 2012, landete abgeschlagen auf dem 15. Platz. Altmeister Albert Demtschenko konnte bei den Männern ebenso wenig in die Medaillenvergabe eingreifen wie die russische Team-Staffel. Doch dies ist für Schwab nur eine Momentaufnahme: „Die Russen werden alles daran setzen, um ihren Heimvorteil auszuspielen.“
Und die anderen? Italiens Rekord-Weltmeister Armin Zöggeler fehlte bei der WM, doch der Routinier wird in Sotschi beim letzten Rennen seiner erfolgreichen Karriere bestimmt nicht an den Start gehen, um noch einmal Olympia-Luft zu schnuppern. „Abschreiben sollte man mich noch nicht“, kündigte der Südtiroler selbstbewusst an. Und dann sind da die starken Kanadier unter dem deutschen Coach Wolfgang Staudinger, die bei ihrer Heim-WM zwei Medaillen bejubeln durften.
Doch sollte sich der kommende olympische Winter nur annähernd so gut anlassen wie der aktuelle, dann sind die deutschen Rodler in Sotschi haushoher Favorit. Und das wissen die frisch gekürten Weltmeister nur zu gut. „Mit dem Druck können wir umgehen“, verspricht Doppelsitzer Wendl. „Wir werden alles daran setzen, dort genauso fit zu sein wie hier bei der WM.“