System Schuster: Mit Teamwork zurück an die Weltspitze

Oberstdorf (dpa) - Werner Schuster steht in diesen Tagen voll unter Strom. Der Erfolgstrainer der deutschen Skispringer würde nach dem Team-Olympiasieg 2014 und den zwei WM-Titeln 2015 durch Severin Freund und im Mixed nur zu gerne seinen Frieden mit der Vierschanzentournee machen.

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Seinen DSV-Adlern wurden ausgerechnet bei der von Millionen Fans verfolgten Traditionsveranstaltung bisher regelmäßig die Flügel gestutzt. Verrückt macht sich der Österreicher deshalb aber nicht. „Es ist eine Eigenart dieser Mannschaft, sich langsam und langfristig zu entwickeln. Wir müssen Geduld aufbringen. Die Mannschaft hat das Zeug dazu, die Tournee erfolgreich zu gestalten“, sagt Schuster.

Dem 46 Jahre alten Familienvater ist es zu verdanken, dass der Skisprung in Deutschland wieder boomt. Knapp dreieinhalb Millionen Menschen verfolgten am Montag die eigentlich bedeutungslose Qualifikation für den Tournee-Auftakt in Oberstdorf im Fernsehen, das Olympia-Gold für das DSV-Quartett in Sotschi bejubelten im Vorjahr rund zehn Millionen Menschen vor den TV-Geräten.

Schuster ist es seit seinem Amtsantritt im Frühjahr 2008 gelungen, die damals zweitklassigen deutschen Springer wieder auf Weltniveau zu führen. „Die ersten beiden Jahre waren geprägt davon, das Maximale rauszuholen und Leute aufzubauen“, erzählt Schuster. „Wir haben damals das Athletiktraining umgestellt und im Technik-Bereich etwas verändert.“

Doch schnell wurde klar, „dass die Luft dünner wird und es wieder einen Anführer braucht“. Den fand Schuster in Freund. „Severin war mein Testpilot. Er war im hinteren Drittel der Leistungsstärke. Er musste ein paar neue Bindungen probieren, das hat ihm geholfen. Er hat dann einen Leistungssprung gemacht und ist immer kompletter geworden im Gesamtpaket“, berichtet Schuster.

Bei seiner Arbeit setzt der exzellente Fachmann vor allem auf Teamwork. Mit Tino Haase und Stefan Horngacher hat er zuverlässige Trainerkollegen an seiner Seite, die Zusammenarbeit mit den Stützpunkten funktioniert seit Jahren weitgehend reibungslos. Auf die Techniker kann er sich genauso verlassen wie auf die medizinische Abteilung.

Eine weitere Stärke liegt in seiner Rhetorik. Schuster hat klare Vorstellungen und kann diese vermitteln. Im Umgang mit den Athleten findet er den richtigen Ton und weiß, wie er jeden Einzelnen nehmen muss. Der Coach ist zwar der Boss, lässt aber auch Freiräume.

Die Eigenständigkeit der Athleten ist ihm wichtig. Vorbild auch dort: Severin Freund. „Er betreibt die Dinge, die man als Skispringer braucht, extrem akribisch“, lobt Schuster seinen Frontmann. „Deshalb ist es ein Geschenk, solch einen Athleten zu haben, denn er strahlt auch auf die Mannschaft aus.“

Doch auch Freund weiß, was er an Schuster hat. „Er hat einen unglaublich großen Anteil an meinen Erfolgen“, sagt der deutsche Topspringer. „Es muss extrem viel stimmen, angefangen vom Verband bis zum Kerntrainerteam. Es funktioniert einfach. Wir haben die richtigen Trainer.“

Als ehemaliger Springer kennt Schuster alle Kniffe. „Man muss versuchen, den Sportler mit kleinen Tricks einzustellen“, verrät er sein Erfolgsgeheimnis. Für Hokuspokus ist dabei aber kein Platz. „Wir haben keine Rituale, machen keinen Heckmeck“, sagt der Coach. „Die Typen sind zu klug und rational. Die sind für halbsektische Dinge nicht empfänglich.“