Analyse: Linke Wahlniederlage in Berlin

Berlin (dpa) - Verhaltener Applaus bei der Linken: Nur etwas mehr als 11 Prozent erreichte die Partei nach ersten Hochrechnungen bei der Abgeordnetenhauswahl am Sonntag in Berlin. Damit büßte sie im Vergleich zur Wahl 2006 abermals Stimmen ein.

Rot-Rot hat keine Mehrheit mehr - nach fast zehn Jahren Regierungsbeteiligung geht die Linke in die Opposition. Doch Spitzenkandidat Harald Wolf gibt sich optimistisch: „Wir kommen wieder“, ruft er am Sonntagabend bei der Wahlparty im Kino Kosmos an der Karl-Marx-Allee im Osten der Stadt.

„Wir sind auch gut als Oppositionspartei“, meint der Chef der Linke-Bundestagsfraktion, Gregor Gysi, angesichts des miesen Ergebnisses. Dabei kämpfte die Linke in Berlin bis zum Schluss um ihr Überleben im Senat. Seit Januar 2002 regierte die damalige PDS als Juniorpartner zusammen mit der SPD die Hauptstadt. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) machte im Wahlkampf keinen Hehl daraus, dass er immer vertrauensvoll, meist geräuschlos und konstruktiv mit der Linke zusammengearbeitet habe.

Bis zum Schluss zählte Wowereit auch die Linke zu den möglichen Koalitionsoptionen nach der Wahl. Doch der Linke-Politiker und Wirtschaftssenator Wolf wirkt im Vergleich zum populären Regierungschef Wowereit und seiner streitbaren Grünen-Herausforderin Renate Künast wenig charismatisch. Wolf gilt als solider Arbeiter und verlässlicher Ansprechpartner für die Wirtschaft. Aber mitreißende Reden sind nicht die Sache des ruhigen und abwägenden 55-Jährigen. Schon bei der Wahl 2006 schrumpfte das Linke-Ergebnis unter Wolf mit 13,4 Prozent deutlich. 2001 hatte Zugpferd Gysi noch 22,6 Prozent geholt.

Mit der Berliner Wahl geht ein Superwahljahr zu Ende, das für die Linke gar nicht gut lief. Ursprünglich wollte sich die Partei im Westen weiter etablieren. Doch in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg scheiterte sie an der Fünf-Prozent-Hürde. In Sachsen-Anhalt wurde es nichts mit dem Ziel, den ersten linken Regierungschef zu stellen. In Bremen klappte es nicht, ein zweistelliges Ergebnis einzufahren. In Hamburg gelang immerhin der Wiedereinzug ins Parlament. In Mecklenburg-Vorpommern wurde die Linke drittstärkste Kraft und hofft, Partner in einer SPD-geführten Regierung zu werden.

Kommunismusdebatte, Haltung zu Israel, Bewertung des Mauerbaus und Glückwunschschreiben an den kubanischen Revolutionsführer Fidel Castro: Mit leichtfertig vom Zaun gebrochene innerparteilichen Diskussionen machten es die Linke-Chefs Gesine Lötzsch und Klaus Ernst ihren Wahlkämpfern in den Ländern nicht leicht. Die Querelen wurden vor allem von den Pragmatikern im Osten als Belastung empfunden - eine offene Debatte über das Führungsduo scheuten sie aber wegen der noch anstehenden Wahlen. Wie fest Lötzsch und Ernst jetzt noch im Sattel sitzen, werden die kommenden Wochen zeigen.