Porträt: Renate Künast: Engagiert und kantig

Berlin (dpa) - Renate Künast hat auf Sieg gesetzt - und nur auf Sieg. Nach monatelangem Wahlkampf und rund 460 Einsätzen hat die 55-Jährige die Wahlschlacht verloren. Dass sie Berlins erste Grünen-Regierungschefin werden würde, daran glaubte sie zum Schluss selbst nicht mehr.

Gut eine Woche vor der Wahl gab Künast mit ihrer Absage an ein schwarz-grünes Bündnis die einzige noch denkbare Option auf, den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) abzulösen.

Die streitbare Kämpferin kam im Vergleich zum populären Regierungschef bei den Berlinern nicht recht an. Wowereits große Stärke, im persönlichen Gespräch gut gelaunt die Bürger für sich zu gewinnen, geht Künast ab. Sie ist für ihre Schlagfertigkeit und ihren Witz bekannt, doch genauso für ihre spitzzüngigen Attacken gefürchtet. Das wirkt manches Mal kantig und schnippisch-arrogant.

Dass sie im Beliebtheits-Wettstreit gegen Wowereit den Kürzeren ziehen würde, war Künast selbst klar. „Vielleicht ist er auf den ersten Blick charmanter„, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. „Aber ich will keinen Charme-Preis gewinnen. Mir liegt auf der Seele, dass Berlin seine Chancen nicht nutzt.“

Große Ziele im Leben waren für Künast immer mit dieser Stadt verbunden. Als 22 Jahre alte, frisch diplomierte Sozialarbeiterin aus Recklinghausen wollte sie 1977 nirgendwo anders arbeiten als in Berlin. Dort ging sie zwei Jahre lang in das Männer-Gefängnis Tegel und studierte später Jura. „Berlin war ein Ort des Sich-entwickeln- Könnens, des Nicht-eng-Seins im Kopf, der Freiheit in den Lebensformen“, sagt Künast 33 Jahre später in einem Interview.

In Berlin begann Künast auch ihre politische Karriere, als Grüne der allerersten Stunde, 1979 in der Alternativen Liste. Von 1985 bis 1987 und dann wieder von 1989 bis 2000 gehörte Künast dem Abgeordnetenhaus an, mehrere Jahre als Fraktionschefin. Aus dem Landesparlament wechselte sie als Co-Vorsitzende an die Spitze der Bundespartei und von dort im Januar 2001 an die Spitze des Bundesagrar- und Verbraucherschutzministeriums.

Das Engagierte, das Kämpferische ist typisch für sie. Sie kommt aus einfachen Verhältnissen im Ruhrgebiet. Ihr Vater war Automechaniker, ihre Mutter Hilfskrankenschwester. „Ermutigung gab es bei uns zu Hause nicht“, erinnert sie sich in der FAZ. „Es ist eine Erfahrung, dass man, wenn man um etwas kämpft, es erreichen kann.“ Künast bleibt nun wohl Co-Fraktionschefin der Grünen im Bundestag.