Hintergrund: Internationales Echo auf Merkel
Berlin (dpa) - Die Schuldenkrise dauert an, die Märkte zittern, der Rolle Deutschlands wird international eine immer größere Bedeutung zu gemessen.
Im Fadenkreuz steht vor allem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), deren Positionen, insbesondere ihr Nein zu Eurobonds, nicht nur in Deutschland umstritten sind. Doch aus wichtigen Finanzländern kommt auch Beifall. Eine Übersicht:
FRANKREICH: Viele Franzosen haben nach einer aktuellen Umfrage mehr Vertrauen in die Kanzlerin als in ihren eigenen Präsidenten. Deutschland wird dafür beneidet, wie gut es aus der Wirtschafts- und Finanzkrise herausgekommen ist. „Merkel, die vergangene Woche zum Börsensturm nicht wie Nicolas Sarkozy ihren Urlaub unterbrochen hat, ist zweifelsohne in Paris beliebter als in Berlin“, schrieb „Le Parisien“ am Dienstag. Obwohl es immer wieder Differenzen gibt und Sarkozy im Gegensatz zu Merkel durchaus mit Eurobonds liebäugelt, wird Deutschland in Paris als wichtigster Verbündeter gesehen.
ITALIEN: Wie das Kaninchen auf die Schlange blickt Italien derzeit auf Deutschland: Jedes Pro und Kontra in der deutschen Diskussion über Eurobonds wird verzeichnet. Wird Angela Merkel mitziehen? Immerhin war es Italiens Wirtschafts- und Finanzminister Giulio Tremonti, der sich für Eurobonds als Anker auch für das so hoch verschuldete Italien stark gemacht hat. „Die Krise betrifft nicht allein unser Land“, argumentiert er. Mit Eurobonds wäre Italien nicht so tief in den Schlamassel gerutscht, so Tremonti. Derweil rühmt sich Regierungschef Silvio Berlusconi damit, dass sein jüngstes drastisches Sparpaket auch bei der Kanzlerin auf Wohlwollen stoße.
NIEDERLANDE: Die Niederlande sind als wirtschaftlich starkes Land und EU-Nettozahler in einer ähnlichen Position wie Deutschland - sie profitieren vom gemeinsamen Euro-Wirtschaftsraum, werden aber bei Problemen stets mit zur Kasse gebeten. Hinzu kommen starke Wirtschaftsbeziehungen der beiden Nachbarländer. Daraus ergibt sich auch bei den Bemühungen um die Euro-Rettung eine weitgehende Übereinstimmung. Die Niederländer billigen Merkel eine Schlüsselrolle in der EU zu. Wie schon bei der Forderung, Banken und Versicherungen am Hilfspaket für Griechenland zu beteiligen, kann die Kanzlerin auch in der Frage der Eurobonds mit Unterstützung aus Den Haag rechnen.
GRIECHENLAND: In dem krisengeschüttelten Land hat das Ansehen von Merkel in den vergangenen Monaten schwer gelitten. In den Medien, aber auch von Politikern wird der Kanzlerin immer wieder vorgehalten, in der Euro-Krise zu zögerlich zu sein und vorrangig eigene Interessen zu verfolgen. Besonders verübelt wurde ihr die Forderung, die Menschen in Südeuropa müssten mehr arbeiten und weniger Urlaub machen. Athen kämpft naturgemäß für die Einführung gemeinsamer Staatsanleihen aller Euro-Länder. Das hat Regierungschef Giorgos Papandreou am Montag in einem Telefonat mit seinem französischen Kollegen François Fillon noch einmal deutlich gemacht.
CHINA: Aus chinesischer Sicht spielt Kanzlerin Merkel eine entscheidende Rolle bei der Wahrung der Stabilität des Euros. Deutschland als größte europäische Wirtschaftsnation habe eindeutig die Verantwortung, den Euro zu schützen, scheue diese Aufgabe aber offensichtlich, hieß es in Kommentaren. Merkel gehe nur mit kleinen Schritten voran. Die chinesische Regierung selbst hat seit Beginn der europäischen Schuldenkrise immer ihr starkes Interesse an einem stabilen Euro betont und angeschlagene EU-Staaten mit dem Kauf ihrer Staatsanleihen unterstützt. Im globalen Finanzsystem will China ohnehin von der Dominanz des US-Dollars als Leitwährung abrücken.
USA: Die Vereinigten Staaten blicken mit gemischten Gefühlen auf die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Kanzlerin. Einerseits gilt Deutschland den Medien als ökonomischer Musterknabe, vor allem die vergleichsweise niedrige Arbeitslosigkeit und der Abbau der Neuverschuldung werden regelrecht bewundert. Zählt in den USA doch beides zu den größten Problemen. Andererseits ist die Kritik unüberhörbar, dass sich Merkel zu zögerlich bei der Rettung der strauchelnden Euro-Staaten wie Griechenland und Portugal verhält. Für die Amerikaner ist klar, dass die Konjunkturlokomotive sich nicht auf ihren Erfolgen ausruhen darf, sondern für das Schicksal der EU und damit für die Weltwirtschaft große Verantwortung trägt.