Porträt: Der überlegene Bauchmensch - CSU-Chef Seehofer

München (dpa) - Es ist ein Moment tiefer Befriedigung für Horst Seehofer: „Das ist ein schöner, ein großer, vielleicht sogar historischer Erfolg“, sagt der CSU-Chef, der fünf Jahre nach dem Wahldebakel von 2008 soeben die absolute Mehrheit für seine Partei zurückerobert hat.

Seehofer steht auf der Bühne im CSU-Fraktionssaal, am Ende seiner kurzen Ansprache branden „Horst, Horst“-Rufe durch den Saal. Erst im Hinausgehen lässt er kurz durchblicken, dass es auch für ihn ein persönlicher Triumph ist: „Das wollte ich jetzt nimmer sagen“, sagt er zu Parteifreunden. „Hört's auf mich. Auch künftig.“

Denn allzu oft hörte die CSU in den vergangenen fünf Jahren nicht auf ihn, leisteten die Parteifreunde zunächst Widerstand, wenn er den Kurs wechseln wollte. Doch nun hat er allen gezeigt, dass er recht hatte mit dem Abschied von der Atomkraft, der Einführung der Frauenquote, dem Verzicht auf den Donau-Ausbau. „Er ist der allen überlegene Bauchmensch“, sagt der frühere bayerische Justizminister Alfred Sauter - einer der wenigen in der Partei, auf deren Rat Seehofer hört.

Schon vor seinem Wahlsieg nahm Seehofer in der Riege der deutschen Spitzenpolitiker eine Sonderstellung ein: Er wollte seinen Job als bayerischer Ministerpräsident eigentlich gar nicht haben. Denn sein Lebenstraum war eigentlich nur der CSU-Vorsitz. Inzwischen hat Seehofer längst Gefallen daran gefunden, erster Mann ganz Bayerns zu sein. „Meine Koalition ist die Bevölkerung“, sagt er häufig. Auch Rivalen erkennen an, dass Seehofers Autorität mit dem Wahlsieg gestiegen ist: Seehofers Position in der CSU sei gestärkt, sagt der frühere Parteichef Erwin Huber.

Seehofers Vorbild ist CSU-Patriarch Franz Josef Strauß. Und wie FJS fühlt Seehofer einen historischen Auftrag in sich. Kürzlich berichtete er über „das Beeindruckendste, was ich überhaupt in meinem ganzen politischen Leben erlebt habe“: die Trauerfeierlichkeiten für den toten FJS im Oktober 1988. Ein Teil der selbst gesetzten historischen Seehofer-Mission ist jetzt erfüllt: die Rückeroberung der absoluten Mehrheit. Nun will er Bayern bis 2018 zur weltweit führenden Internet-Region machen.

Wichtigste Maßstab ist für Seehofer der Wille der Bevölkerung - dieser Wille dient ihm auch zur Begründung seiner Kurswechsel. „Ich werde mich nicht dafür entschuldigen, Politik für die Bevölkerung zu machen“, sagt er. Sehr ärgerlich wird der CSU-Chef, wenn ihm deswegen Wendehalsigkeit vorgeworfen wird. Aus seiner eigenen Sicht folgt Seehofer durchaus einer großen Linie: unbedingter bayerischer Patriotismus, der hauptsächlich in der Umsetzung des Volkswillens und der Durchsetzung bayerischer Interessen in Berlin und Brüssel besteht - kombiniert mit einem Herz für die Schwachen.

Schwierig für die CSU und die Staatsverwaltung ist Seehofer, weil ihm dabei auch die Parteifreunde und Beamten häufig zu langsam, zu wenig kreativ sind. Die CSU reagiert regelmäßig verstört, wenn Seehofer über seine Kollegen herzieht. „Die Qualität muss stimmen“, sagt Seehofer dann. Ohne Härte gehe es nicht.