Meinung Söder beerbt Seehofer - Die Chance der CSU
Mit der Doppelspitze hat die CSU schlechte Erfahrungen gemacht. Als 2008 das Tandem Günther Beckstein/Erwin Huber die Partei führte, stand am Ende der Verlust der absoluten Mehrheit. Was auch damit zu tun hatte, dass beide politische Auslaufmodelle waren.
Beim künftigen Gespann Markus Söder/Horst Seehofer sind die Vorzeichen andere. Diese Zusammenarbeit bietet nicht nur Risiken, wie man angesichts der komplizierten Charaktere beider vermuten könnte. Sondern auch Chancen.
Dass ein Neuanfang innerhalb der CSU nach Seehofers Schlingerkurs in der Flüchtlingspolitik und dem katastrophalen Ergebnis bei der Bundestagswahl dringend erforderlich gewesen ist, steht außer Frage. Nach monatelangem, die Partei und die gesamte Union lähmendem Streit haben die Christsozialen sich auf die einzig vernünftige Lösung verständigen können, um weitere Machtkämpfe (vorerst) auszuschließen. Söder wird Ministerpräsident, damit erfüllt sich sein langgehegter Traum. Seehofer soll Parteichef bleiben, womit die Verdienste des Patriarchen gewürdigt werden und ihm der Weg offen bleibt, an den Berliner Kabinettstisch zu wechseln. Dort, wo ein CSU-Chef aus seiner Sicht hingehört, um Kanzlerin Angela Merkel zu kontrollieren. Diese Abmachung dürfte die unterschiedlichen Lager innerhalb der Partei ein stückweit befrieden. Außerdem ist bei den Bajuwaren kein anderer so erfahren wie Seehofer, um erfolgreich mögliche Koalitionsverhandlungen mit der SPD im Bund zu führen. Schon bei den Jamaika-Sondierungen war es der CSU-Chef, der versucht hat, die unterschiedlichen Inhalte zusammenzuführen. Auch dem trägt die jetzige Lösung Rechnung.
Gewiss, Söder und Seehofer waren sich zuletzt spinnefeind. Die Verletzungen, auch die persönlichen, die durch den Machtkampf entstanden sind, sind tief. Und das Misstrauen vieler Führungsfunktionäre untereinander ist groß. Trotzdem ist im Moment weitaus wahrscheinlich, dass aus dem Waffenstillstand auch ein dauerhafter Friede wird. Denn die CSU ist schon immer eine Partei gewesen, die in größter Not dann doch zur Geschlossenheit zurückgefunden hat. Und in Nöten steckt die CSU derzeit wie noch nie, weil ihr im Freistaat die AfD im Nacken sitzt und die Umfragewerte abgestürzt sind. Wenn man sowohl Söders als auch Seehofers Äußerungen von gestern richtig deutet, haben beide verstanden, dass man dem nur mit politischem Gleichklang und nicht mit Streit begegnen kann. Spät, aber nicht zu spät, ist diese Erkenntnis gereift. Die Landtagswahlen finden erst im Herbst 2018 statt.
Für Söder ist die nun gefundene Lösung zudem die bequemste. Wäre jemand anderes Vorsitzender geworden, wäre ein neuer Machtkampf unausweichlich gewesen. Seehofer, immerhin schon 68 Jahre alt, wird den Parteivorsitz in nicht allzu ferner Zeit abgeben. Wenn Söder bei der Landtagswahl liefert, läuft auch dieses Amt auf ihn zu. Ob ihm das gelingen wird, ist freilich alles andere als sicher. Aber die Chance auf einen CSU-Erfolg ist nun deutlich größer geworden.