Report: Demonstrative Harmonie - Roth und Gabriel reden sich Mut zu
Berlin (dpa) - Die Grünen hätten ja doch immer die besseren Ideen, muss Sigmar Gabriel zugeben. Da geht es nur um ein Wahlplakat, das Angela Merkels „Herz für Steuersünder“ auf die Schippe nimmt.
Doch Lob verteilt der SPD-Chef auf fremdem Terrain des Grünen-Parteitags ohnehin freigiebig.
Die Grünen seien „wirklich eine besondere Partei“, ruft er den 800 Delegierten zu. Dabei muss Gabriel gar nicht viel Überzeugungsarbeit leisten. Die rot-grüne Allianz für die Bundestagswahl steht.
„Wir wuppen das!“, ruft Grünen-Chefin Claudia Roth mit dunkelrotem Schal kämpferisch unter lautem Applaus. Das zielt nicht nur auf die eigene Partei, sondern auch auf den Wunschpartner, dessen Umfragewerte zuletzt eher zu Pessimismus zwangen. Umso mehr braucht das rot-grüne Bündnis jetzt ein Aufbruchsignal. Gabriel und Roth wollen es setzen, sie feiern Rot-Grün - zusammen gegen die „Luftblasen“ und den „Etikettenschwindel“ der Union.
Laute grüne Stimmen, die sich für die Zeit vor der Wahl mehr Distanz zur SPD gewünscht hatten, sind auf dem Parteitag so gut wie verstummt. Stattdessen gibt es Geschenke, brüderliche Umarmungen zwischen Grünen-Chef Cem Özdemir und Gabriel - und zur Ankunft des Gastes erstmal einen türkischen Tee, den der eine Weile mit sich herumträgt, schließlich aber doch probiert.
Rot-Grün, das müsse mehr sein als ein technisches Bündnis zur Erreichung der Regierungsmacht, fordert Gabriel dann. Das klingt nach Herzblut. Soll es doch wieder ein rot-grünes Projekt werden, wie 1998? Wenn Roth und Gabriel ein paar kritische Worte zum anderen einstreuen, wirkt das eher pro forma: Sie verspricht, der SPD die Kohlekraft auszureden. Er betont: „Natürlich sind SPD und Grüne keine Schwesterparteien.“ Manchmal sei es bei den beiden eben wie in einer richtigen Beziehung: „Bevor man in eine gemeinsame Wohnung zieht, guckt man nochmal im Viertel, ob es noch was Besseres gibt. Wichtig ist nur, dass man am Ende zum richtigen Ergebnis kommt.“
Nicht nur die Grünen, auch die SPD scheint voll auf das Bündnis zu setzen. Es waren die Sozialdemokraten, die Roth als erste zum Parteitag nach Augsburg einluden. Jetzt spricht zum ersten Mal ein SPD-Chef auf einem Grünen-Parteitag und sagt nach der Rede der Grünen-Chefin anerkennend: „Es ist alles gesagt: So machen wir es.“
Für manche wirkt das ein wenig übertrieben mit all den Umarmungen, dem vielen Lächeln, der vollen Einmütigkeit. Sehr gewollt, fast erzwungen. Wenn es was werden soll mit der Ablösung von Schwarz-Gelb, muss jetzt gekämpft werden, sagen die Grünen.
Doch so ganz geheuer sind sie sich dann doch nicht. Am Ende will Gabriel den zwei Grünen-Chefs je einen Rucksack überreichen, mit Bio-Bier und Bionade. Einer ist grün, der andere rot - und den roten möchte weder Özdemir noch Roth so recht haben. Er landet bei Roth, die nach Gabriels Worten schon den SPD-Parteitag „gerockt“ hat. Sanft lässt Roth das strahlend rote Teil zu Boden sinken. Fotos damit sollen nicht entstehen.