Alpha Ventus: Hochsee-Windpark kostet viel Lehrgeld

Zwölf Turbinen im Testfeld nördlich von Borkum sind offiziell in Betrieb.

Norddeich/Borkum. Massive Stahltürme, windschnittige Flügel und ausgeklügelte Elektronik: Der erste deutsche Hochsee-Windpark ist seit gestern offiziell in Betrieb. Die zwölf Windräder im Testfeld "alpha ventus" drehen sich 45Kilometer nördlich von Borkum und liefern Strom aus der Nordsee. "Das ist bisher der schönste Tag in meinem Amt", freut sich Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) bei der offiziellen Einweihung im ostfriesischen Norddeich.

Ob sich das Pilotprojekt auf Dauer wirtschaftlich rechnet, muss sich zeigen. Die Bauherren zahlten bisher hohes Lehrgeld. Denn für Windparks in der Nordsee gelten eigene Gesetze: Die bis zu 155 Meter hohen Konstruktionen stehen in 30 Meter tiefem Salzwasser und müssen Stürmen, Wellen und der Strömung trotzen. Die Bedingungen sind rau, das Wetter wirbelt immer wieder Zeitpläne für Schiffe und Hubschrauber durcheinander.

Am Ende lagen die Stromkonzerne EWE, Eon und Vattenfall in dem gemeinsamen Zusammenschluss Doti bei 250 Millionen Euro statt der zunächst geplanten Investitionssumme von 180 Millionen Euro. Die gleiche Summe rechnet Doti-Geschäftsführer Ralf Lamsbach noch einmal als Betriebskosten in den nächsten 20 Jahren. "’Alpha ventus’ war nie rentabel geplant, aber die Kosten kommen auch wieder rein", ist sich Lamsbach sicher.

Auch Minister Röttgen und die Chefs der drei beteiligten Energiekonzerne sind optimistisch: "Bis zum Jahr 2050 klimaneutrale Stromerzeugung, also praktisch CO2-frei", gibt Röttgen das Ziel der Bundesregierung vor. Allein bis 2030 sollen bereits mehrere 1000 Anlagen mit einer Leistung von 25 000 Megawatt installiert sein.

Die Hürden bis dahin sind hoch: Umweltfragen beim Bau sind noch ungelöst, und bei Flaute fließt kein Strom durch die Seekabel an Land. "Für jedes Megawatt Windstrom muss auch ein Megawatt an Land als Ausgleich bereit stehen", sagt Lamsbach. Kraftwerke an Land lassen sich also vorerst nicht durch Offshore-Windparks ersetzen - solange keine flexibel regelbaren Energiequellen zum Überbrücken von Netzschwankungen da sind.

Eine Lösung erhoffen sich Experten durch die Vernetzung von großen Windparks oder intelligente Stromnetze in Europa. Diese sollen den Ausgleich von Netzschwankungen ermöglichen.