Bund legt Zockern Ketten an

Strenge Regeln sollen dafür sorgen, dass Spekulanten nicht mehr ganze Unternehmen in den Ruin treiben können.

Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat strengere Regeln für die internationalen Finanzmärkte verlangt. "Ich kritisiere das Selbstverständnis der Finanzmärkte", sagte sie gestern. "Leider haben sie sich freiwilligen Regelungen zu lange widersetzt, unterstützt von den Regierungen in Großbritannien und den USA."

Sie habe schon während der deutschen G8-Präsidentschaft im vergangenen Jahr auf mehr Transparenz bei Geldgeschäften, Rating-Agenturen und Hedge-Fonds gedrängt. Die angelsächsischen Länder hätten diese Vorschläge aber nicht ausreichend unterstützt.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) untersagte unterdessen Leerverkäufe der Aktien von elf im Dax- und MDax gelisteten Unternehmen. Das Verbot des Verkaufs von geliehenen Aktien (short selling) gelte bis zum Jahresende, teilte die BaFin in Bonn mit. Betroffen von dem Verbot sind Papiere von Aareal Bank, Allianz, AMB Generali Holding, Commerzbank, Deutsche Bank, Deutsche Börse, Deutsche Postbank, Hannover Rückversicherung, Hypo Real Estate, MLP, und Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft.

Beim short selling setzen Investoren auf fallende Kurse. Geliehene Aktien werden verkauft und später zu einem niedrigeren Kurs wieder zurückgekauft. Die Differenz abzüglich der Leihgebühr ist der Gewinn.

Begründung der BaFin: "In der derzeitigen Marktsituation kann short selling Finanzunternehmen in den Untergang treiben." Zuvor hatten auch die Aufsichtsbehörden der USA und Großbritanniens ein weitreichendes Verbot von Leerverkäufen erlassen. Diese haben nach Auffassung von Börsenexperten unter anderem zur Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers beigetragen.

Der Bundesverband Deutscher Banken begrüßte die Entscheidung. Hauptgeschäftsführer Manfred Weber sagte, die Spekulation auf sinkende Aktien bestimmter Marktteilnehmer sei zwar "an und für sich nichts Verwerfliches". Aber in der jetzigen Situation könnten Leerverkäufe ein Finanzinstitut in zusätzliche Schwierigkeiten bringen.

Unterdessen verlautete aus Düsseldorfer Bankenkreisen, dass die nordrhein-westfälische Förderbank NRW.Bank mit 60 Millionen Euro bei der insolventen US-Bank Lehman Brothers engagiert ist. Das Institut hatte am Freitag Belastungen durch die Pleite des US-Investmenthauses eingeräumt. "Wir haben dort investiert, aber es gibt keine problematischen Engagements", sagte ein Sprecher der Bank.

Angaben über die Höhe der Summe wollte er allerdings nicht machen. Lehman Brothers war zum Wochenanfang im Zuge der Turbulenzen auf den Finanzmärkten zusammengebrochen.