Kleine Modeboutiquen sterben aus
Große Textilketten verdrängen die Fachgeschäfte aus den Fußgängerzonen. Niedrige Preise freuen die Verbraucher.
Düsseldorf. Der deutsche Textileinzelhandel befindet sich im Umbruch. In den Fußgängerzonen und Shopping-Centern verdrängen internationale Textilhandelsketten wie H&M oder Primark und Markenstores von s.Oliver, Tom Tailor oder Tommy Hilfiger immer mehr Boutiquen und traditionelle Fachgeschäfte. Experten sagen ein „schleichendes Sterben“ der kleinen Modehäuser voraus.
Als der irische Textil-Discounter Primark im Dezember 2013 eine neue Filiale in Düsseldorf eröffnete, drängelten sich die Kauflustigen vor den Türen wie einst im Sommerschlussverkauf. Der „Aldi unter den Textilhändlern“ verkauft T-Shirts ab 2,50 Euro und Jeans für 13 Euro. Und offensichtlich trifft er damit einen Nerv der Verbraucher. Doch Primark ist nicht allein. Zahlreiche ausländische Ketten bestimmen immer stärker das Bild der deutschen Innenstädte.
Allen voran die Schweden von H&M. Heute ist das Unternehmen der zweitgrößte Textileinzelhändler der Bundesrepublik. Nicht viel weniger erfolgreich ist die spanische Inditex-Gruppe mit Marken wie Zara, Massimmo Dutti oder Pull&Bear. Auch die US-Ketten Abercrombie und Hollister sind auf dem deutschen Markt präsent, der mit Umsätzen von 60 Milliarden Euro im Jahr lockt.
Den Preis für die Erfolge der internationalen Konzerne zahlen vor allem die kleinen, inhabergeführten Fachgeschäfte und Boutiquen. „Im Textilhandel gibt es schon lange kein Wachstum mehr. Es herrscht ein harter Verdrängungswettbewerb. Jedes Stück, das bei neuen Anbietern wie Primark oder Abercrombie gekauft wird, geht dem anderen Handel verloren“, betont Joachim Stumpf, Geschäftsführer der Handelsberatung BBE.
Er sieht schwarz für viele traditionelle Geschäfte. „Es ist ein schleichendes Sterben. Aber in den nächsten Jahren wird sich ihre Zahl noch einmal halbieren“, prognostiziert der Branchenkenner. Mit einem dramatischen Konzentrationsprozess rechnet auch der Handelsexperte Andreas Kreutzer von der Unternehmensberatung Kreutzer Fischer & Partner. „Ich bin überzeugt, dass wir in 20 Jahren im deutschen Bekleidungshandel ähnliche Strukturen haben wie heute schon im Lebensmittelhandel“, sagt er. Dort beherrschen inzwischen vier Unternehmen 85 Prozent des Marktes.
Der Strukturwandel ist für viele kleine Anbieter bitter. Doch für die Konsumenten hat das auch Vorteile. „Die Verbraucher haben profitiert. Über viele Jahre sind die Durchschnittspreise für Bekleidung gesunken“, sagt der Experte Andreas Bauer von der Unternehmensberatung Roland Berger. Allerdings seien die Einkaufsstraßen auch weniger abwechslungsreich geworden.