Öl schickt Preise auf Höhenflug
In der Euro-Zone liegt die Teuerungsrate bei vier Prozent. Zinsen werden steigen.
Brüssel. Schlechte Nachrichten für Verbraucher: Der Höhenflug der Preise ist immer noch nicht zu Ende. In den 15 Euro-Ländern stieg die Teuerungsrate im Juni auf vier Prozent - das ist Rekord. Denn so rasch kletterten die Lebenshaltungskosten seit Einführung des Euro im Jahr 1999 noch nie. In Deutschland liegt die Inflation zwar unter dem Euro-Schnitt. Mit 3,3 Prozent markiert sie allerdings ebenfalls einen Höchststand - seit 15 Jahren.
Angesichts weltweit weiter steigender Preise für Erdöl und Grundnahrungsmittel erwarten Volkswirte, dass der Höhepunkt der Preisspirale noch nicht erreicht ist. Die Europäische Zentralbank (EZB) wird deshalb am Donnerstag wahrscheinlich die Leitzinsen erhöhen.
Der wachsende Preisdruck wird vor allem durch die steigenden Preise für Energie und Lebensmittel verursacht. Der Preis für ein Fass Erdöl (159Liter) übersprang gestern erstmals die Marke von 143 Dollar. Die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) rechnet bereits im Laufe des Sommers sogar mit einem Preis von 170 Dollar pro Barrel.
Die seit Monaten kräftig steigenden Ölpreise seien nicht die Folge von Spekulationen an den Märkten, sondern die Folge einer weltweit gestiegenen Nachfrage, sagte der Chef des britischen Ölkonzerns BP, Tony Hayward, auf einer Branchenkonferenz in Madrid.
Die ständig steigenden Ölpreise dürften die Inflation in den kommenden Monaten bis auf etwa 4,25 Prozent anheizen, sagt Commerzbank-Volkswirt Christoph Weil. Die Bank geht deshalb davon aus, dass die EZB auf solche Inflationserwartungen nicht allein mit einer Zinserhöhung von einem Viertelprozentpunkt am Donnerstag reagieren wird, sondern im September den Leitzins auf dann 4,5Prozent anheben wird. Ziel des Manövers ist es, den Preisauftrieb zu dämpfen.
Doch dass dies gelingt, stellen nicht nur Finanzpolitiker in Frage, sondern auch Banker. "Kurzfristig kann die Zentralbank die Preise ohnehin nicht bremsen", warnt Commerzbank-Experte Matthias Rubisch vor falschen Erwartungen. Volkswirte kalkulieren pi mal Daumen, dass die Inflationsrate frühestens nach einem Jahr reagiert - also erst im nächsten Sommer. Dann jedoch dürfte die Teuerungsrate sowieso wieder deutlich niedriger liegen.
Vor allem aber bezweifeln die Fachleute den Sinn einer Zinserhöhung im aktuellen Fall, weil die hohen Preissprünge weitgehend durch teures Öl und teure Nahrungsmittel verursacht sind - und eben nicht durch einen überhitzten Aufschwung. Hohe Zinsen seien deshalb kein Rezept.
Die sonst typische Wirkungskette - höhere Zinsen, teurere Kredite, schwächere Nachfrage, geringere Preiserhöhungen, bescheidenere Lohnforderungen - könne derzeit gar nicht funktionieren, weil sie keinen Einfluss habe auf die Preise für Heizöl und Öl sowie von Brot und Butter.