Siemens-AUB-Prozess: Verdeckte Zahlungen "waren von Siemens gewollt"

Der frühere Siemens-Zentralvorstand Johannes Feldmayer hat zu Beginn des Siemens-AUB-Prozesses eingeräumt, die Arbeitnehmerorganisation AUB mit mehr als 30 Millionen Euro unterstützt zu haben. Die AUB-Betriebsräte seien aber nicht beeinflusst worden.

Nürnberg. Der frühere Siemens-Zentralvorstand Johannes Feldmayer hat zu Beginn des Siemens-AUB-Prozesses eingeräumt, die Arbeitnehmerorganisation AUB mit mehr als 30 Millionen Euro unterstützt zu haben. Die AUB-Betriebsräte seien aber nicht beeinflusst worden.

Er sei bei den Zahlungen nur ein ausführendes Rädchen im Getriebe des Elektrokonzerns gewesen, betonte er am Mittwoch vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth. "Dass das (von Siemens) wirklich gewollt war, war keine Frage." Es sei nie sein Naturell gewesen, permanent zu hinterfragen. "Ich habe gehandelt. Punkt." Den Auftrag dazu habe er vom damaligen Zentralvorstand Günter Wilhelm bekommen.

Er habe die millionenschweren Zahlungen an die AUB zu keinem Zeitpunkt als problematisch empfunden, sagte Feldmayer. "Es ging um den Aufbau von Geschäftsstellen, es ging um Verwaltungsarbeit. Es ging nicht darum, irgendwelche Kandidaten der AUB in irgendeiner Form zu unterstützen oder Einfluss zu nehmen auf deren Verhalten."

Er habe daraus keinen Wettbewerbsvorteil abgeleitet, "weil für mich nie ein Zusammenhang bestand zwischen der Wahl von irgendwelchen Kandidaten und der Unterstützung der Organisation". Das Vorgehen sei auch mit der zentralen Finanzverwaltung abgestimmt gewesen.

Die Anklage wirft Feldmayer vor, mit den verdeckten Zahlungen die AUB als Gegengewicht zu der bei Siemens einflussreichen Gewerkschaft IG Metall aufgebaut zu haben. Deren früherer Bundesvorsitzender Wilhelm Schelsky sitzt in dem Verfahren ebenfalls auf der Anklagebank.

Er will sich frühestens nächste Woche zu den Vorwürfen äußern. Nach den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft haben die beiden Angeklagten im Januar 2001 eine "Rahmenvereinbarung" geschlossen, wonach Schelsky pro Quartal 500 000 Euro erhalten sollte - offiziell unter anderem für Mitarbeiterschulungen und Analysen von Arbeitsabläufen.

"Bereits bei der Unterzeichnung des Vertrags waren sich die beiden Angeschuldigten einig, dass der Angeklagte Schelsky nicht die offiziell vereinbarten Leistungen zu erbringen hatte, sondern dass die in der Folge gezahlten angeblichen Honorare tatsächlich dem Aufbau, dem Erhalt und der Förderung der AUB dienen sollten", sagte Oberstaatsanwältin Antje Gabriels-Gorsolke.

Schelsky habe zwischen dem 23.01.2001 und dem 2.11.2006 insgesamt 44 fingierte Rechnungen über 30,3 Millionen Euro plus Umsatzsteuer gestellt.

Feldmayer habe diese Zahlungen als durchlaufende Kosten verbucht und der Siemens-Zentrale weiterbelastet, sagte Gabriels-Gorsolke. Er habe dadurch "gegen seine Verpflichtung, für das Vermögen der Siemens AG Sorge zu tragen", verstoßen. Ihm werden Steuerhinterziehung und Untreue zur Last gelegt.

Schelsky habe darüber hinaus spätestens seit 2006 das Siemens-Geld nicht nur für die AUB ausgegeben, sondern auch für private Zwecke, für Sport-Sponsoring und für andere Unternehmen, an denen er beteiligt war. Ihm wird unter anderem Betrug und Steuerhinterziehung vorgeworfen. "Vieles, von dem, was in der Anklageschrift steht, ist nicht haltbar", sagte Schelskys Anwalt Jürgen Lubojanski.