Taschentücher: Zewa kauft Tempo-Tücher
US-Konzern gibt den deutschen Marktführer mit Werk in Neuss ab.
Neuss. Pünktlich zum Frühlingsstart haben die Taschentücher bei Procter & Gamble ausgedient: Der US-Konzern hat die Traditionsmarke Tempo an den schwedischen Zewa-Produzenten Svenska Cellulosa verkauft. Svenska Cellulosa (SCA) zahlt für das europäische Hygienepapier- und Taschentüchergeschäft von Procter & Gamble 512 Millionen Euro in bar. Durch den Deal erhält SCA nicht nur die Markenrechte für Tempo, Bess und Blümia, sondern auch Europa-Lizenzen für die Küchenpapier-Marke Bounty und das Toilettenpapier Charmin. Der Umsatz der übernommenen Sparten beläuft sich nach SCA-Angaben auf etwa 500 Millionen Euro jährlich. Die Zustimmung der Kartellbehörden zu dem Geschäft steht noch aus.
Hintergrund des Verkaufs sei, dass die Märkte in Deutschland und Europa von Eigenmarken der Handelskonzerne mit niedrigen Margen dominiert würden, sagte ein Deutschland-Sprecher. Zwei Drittel aller in Deutschland verkauften Papiertaschentücher seien Eigenmarken der Handelskonzerne. Bei Toilettenpapier betrage der Eigenmarken-Anteil sogar etwa drei Viertel des Marktvolumens. Mit Tempo allerdings hat SCE die mit Abstand führende Marke der Taschentücher ergattert.
Svenska Cellulosa übernimmt fünf Werke in Europa mit insgesamt rund 1100 Beschäftigten, wie das Unternehmen in Stockholm mitteilte. Darunter sind das Tempo-Werk im rheinischen Neuss mit rund 550 Beschäftigten sowie das Toiletten- und Küchenpapier-Werk im hessischen Witzenhausen mit gut 200 Mitarbeitern. Außerdem sind Werke im englischen Manchester, im französischen Orléans und im italienischen Lucca von dem Verkauf betroffen. Das Werk von Procter & Gamble im rheinischen Euskirchen ist hingegen nicht betroffen. Dort stellt der amerikanische Konzern Windeln der Marke Pampers her.
Die Marke: Tempo wurde 1929 beim Reichspatentamt angemeldet. Das Datum gilt als die Geburtsstunde des Papiertaschentuches. An der Wiege standen 1929 die Vereinigten Papierwerke Nürnberg. Bereits 1933, nur vier Jahre nach der Markteinführung, wurden bereits 35 Millionen Tempo Taschentücher produziert.
Die Entwicklung: Im Jahr 1935 kaufte Quelle-Gründer Gustav Schickedanz die Vereinigten Papierwerke Nürnberg. Zum Werk in Heroldsberg bei Nürnberg kamen in den folgenden Jahrzehnten auch Produktionsstätten in Forchheim, Glückstadt, Neuss und Gelsenkirchen hinzu. Mitte der 80er Jahre wurde dann die Tempo-Fertigung in Neuss gebündelt. Die Marke befand sich zuletzt 13 Jahre in den Händen von Procter & Gamble. 2004 wurden weltweit etwa 20 Milliarden Tempo Taschentücher verkauft.