Telekom: Eine Billigmarke soll den magentafarbigen Riese retten

Die Telekom will 50 000 Mitarbeiter auslagern. Die Gewerkschaft kündigt Kampf an.

Bonn. Wer eine klare Strategie oder einen ausgefeilten Sanierungsplan für die Deutsche Telekom AG vom neuen Chef René Obermann (43) erwartet hatte, war auf der Bilanzpressekonferenz in Bonn am Donnerstag fehl am Platze. Mit allgemeinen Floskeln, vielen bunten Tafeln und unpräzisen Zahlen beschreibt Obermann die rosige Zukunft des magentafarbigen Telefonriesen. Ohne Pult, Tisch oder Stuhl versucht er wie Bill Gates gestikulierend die Zuhörer in den Bann zu schlagen. Eine geschlagene Stunde dauert es bis er zu der Sache kommt, die alle interessiert: Wie hält es Obermann mit seinen Mitarbeitern? Er habe Verständnis für deren Ärger, dem sie am Vortag in Demonstrationen Luft gemacht haben. Aber er könne nicht anders: Die Telekom müsse besser und wettbewerbsfähiger werden. Ein weiteres so katastrophales Ergebnis wie im Vorjahr will er offenbar nicht vorlegen. Auch keine neuerliche Gewinnwarnung.

Service ist 50 Prozent teurer als bei der Konkurrenz

Also will Obermann, wie er angibt, "49 000 bis 50 000" Mitarbeiter in die neue Servicegesellschaft T-Service auslagern - und zwar zu deutlich schlechteren Bedingungen als bisher. Statt heute üblicher 34,5 Stunden pro Woche sollen "mindestens" 38 Stunden im Servicebereich gearbeitet werden. Zudem sollen die Mitarbeiter "marktüblich", also schlechter als bisher, entlohnt werden. Kostenmäßig liege die Telekom teilweise 50Prozent höher als die Konkurrenz. Das soll gemildert werden, denn teurer werde die Telekom immer bleiben. Einzelheiten müssen erst mit der Gewerkschaft Verdi ausgehandelt werden. Die Mitarbeitervertreter zweifeln auch die Zahlen an und sehen 60 000 Arbeitsplätze in Gefahr. Sie wollen weder Entlassungen, Standortschließungen noch Lohnsenkungen mitmachen. Die Signale stehen also auf Kampf. Sollten die Gespräche scheitern drohen Streiks. Die knapp eine Milliarde Euro, die Obermann so jährlich einsparen will, ist dann ebenfalls in Gefahr. Insgesamt will er bis 2010 die Kosten um fünf Milliarden Euro drücken. Das Abbauprogramm um 32 000 Stellen zur Effizienzsteigerung liegt voll im Plan: Über 12 000 Mitarbeiter haben den Konzern bereits verlassen. Bei der strategischen Neuausrichtung setzt Obermann, der das bislang abgelehnt hatte, auf eine Billigmarke (ohne T) vor allem bei DSL und Mobilfunk. Ab Sommer sollen so Kunden eingefangen werden, denen die Telekom zu teuer ist. Ferner wird künftig nur noch eine Zwei-Marken-Strategie gefahren: T-Home für Angebote zu Hause einschließlich Festnetz und T-Mobile für Angebote unterwegs. Alles andere wie T-Com fällt weg. Auch der Service soll verbessert werden: In vier von fünf Fällen soll der Kunde innerhalb von 20 Sekunden einen Ansprechpartner haben. Inlandsgeschäft 2006 schwach Konzernzahlen: Nur dank des US-Geschäfts und des Beitrags von erstmals konsolidierten Töchtern wie Telering stieg der Konzernumsatz 2006 um 2,9 Prozent auf 61,3 Milliarden Euro. Kundenverluste und der Preisverfall im deutschen Markt drückten die Erlöse im Inland um fünf Prozent. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) im Konzern ging um 6,2 Prozent auf 19,4 Milliarden Euro zurück. Die frei verfügbaren Mittel (Free Cash-Flow) sanken um 58,3 Prozent auf 2,4 Milliarden Euro,

Gewinnwarnungen: Die Telekom hatte erst im Januar wegen der Probleme im Inland zum zweiten Mal innerhalb eines halben Jahres ihre Prognose für das laufende Jahr gesenkt und damit Gewinnwarnungen ausgesprochen Der Konzern rechnet nun lediglich noch mit einem bereinigten Ebitda von rund 19 Milliarden Euro.