VW-Chef: Brasilien bestimmt über Auto-Weltspitze mit
São Paulo/Wolfsburg (dpa) - Im weltweiten Wettrennen um Platz eins in der Autoindustrie setzt Volkswagen verstärkt auf den Absatzmarkt Brasilien. Das Land sei Eckstein der Strategie 2018, sagte Konzernchef Martin Winterkorn am Sonntag zum Start der São Paulo Motor Show.
Spätestens in sechs Jahren will Volkswagen General Motors und Toyota überholen.
Auf der größten Automesse Lateinamerikas loten Hersteller aus aller Welt bis zum 4. November die weiteren Chancen in der Region aus - nicht zuletzt im Schatten der bröckelnden Nachfrage in Westeuropa. Unter anderem sind auch Daimler, Porsche, Audi und BMW in São Paulo dabei. „Der brasilianische Automarkt hat großes Wachstumspotenzial“, betonte Winterkorn. Der Konzern müsse seine starke Stellung nutzen.
Nach Angaben von VW-Vertriebsvorstand Christian Klingler ist das Land für die Kernmarke VW-Pkw mittlerweile der nach China zweitgrößte Absatzmarkt. Binnen fünf Jahren legten die Gesamtverkäufe im Konzern um fast 40 Prozent auf jährlich über 700 000 zu. 2012 wurden bis Ende September 573 700 Autos ausgeliefert - 8,1 Prozent mehr als vor einem Jahr. Derweil soll BMW Medienberichten zufolge kurz vor dem Abschluss eines Investitionsplans für ein eigenes Pkw-Werk in Brasilien stehen.
Volkswagen ist seit Ende der 50er Jahre in dem Schwellenland vertreten. Derzeit unterhält allein die Konzernmutter vier Werke. Produktionsvorstand Michael Macht nimmt an, dass sich Brasiliens Automarkt bis 2018 um 45 Prozent auf jährlich 8 Millionen verkaufte Fahrzeuge steigert. Das trage auch dazu bei, die trübe Lage in Europa auszugleichen: „Erfreulicherweise konnten wir das einbremsen.“
2013 will VW das Tempo in Brasilien trotz durchwachsener Aussichten für die Weltkonjunktur hoch halten. „Wir gehen davon aus, dass wir mindestens auf dem Niveau performen können wie in diesem Jahr“, sagte Macht. VW-Brasilien-Chef Thomas Schmall sagte: „Spannend werden vor allem die ersten drei Monate.“ Der Konzern bekräftigte sein Investitionsziel von 3,4 Milliarden Euro bis zum Jahr 2016.
Um die Fertigung zu verschlanken, werde die Technik des Modularen Querbaukastens MQB Schritt für Schritt auch in Südamerika und anderen Regionen eingeführt, kündigte Macht an. „Wir sind jetzt dabei, den Seat Leon und Škoda Octavia ans Netz zu nehmen.“ So will sich die VW-Gruppe auch gegen starke asiatische Rivalen wie Hyundai wehren.
Die Wolfsburger fordern dabei Chancengleichheit für alle Anbieter. Die Regierung in Brasília will zwar Importsteuern auf den Prüfstand stellen - „wir wissen aber noch nicht genau, wie das ausgeht“, meinte Schmall. Daher müsse VW auch selbst zusehen, noch wettbewerbsfähiger zu werden - etwa bei der Zuliefererdichte und den CO2-Emissionen.
Das Unternehmen will zudem weiter in umweltfreundliche Produktion investieren. So ist ein zweites Wasserkraftwerk im Bundesstaat São Paulo geplant; 66 Millionen Euro sollen in das Projekt fließen. Vor zwei Jahren startete bereits ein ähnliches Kraftwerk in Anhanguera. 40 Prozent des Energiebedarfs für die Brasilien-Werke sollen aus den Anlagen kommen. Auch beim Treibhausgas-Ausstoß ihrer Modelle wollen sich die Wolfsburger verbessern. Sie wiesen wiederholt Kritik der Umweltschutzorganisation Greenpeace an ihrer Umweltbilanz zurück.