E-Auto-Weltrekord: Mit Windkraft durch Australien
Sydney (dpa) - Ein schnittiges Elektroauto auf Fahrradreifen mit einem mobilen Windrad als Energielieferant - so sind zwei deutsche Abenteurer 4800 Kilometer quer durch Australien gefahren. Die Rekordtour kommt dem Traum vom Perpetuum mobile schon ziemlich nahe.
Bei 50 Grad im Schatten hat Dirk Gion sich den Sonnenbrand seines Lebens geholt. Drei Tage später musste er sich bei einer Nachtfahrt und Temperaturen knapp über Null in alle seine Pullis plus Schlafsack wickeln. Der Dortmunder Extremsportler ist mit seinem Partner Stefan Simmerer in einem offenen Elektroauto 17 Tage lang von Albany bis Sydney quer durch Süd-Australien gefahren - mit einem mobilen Windrad als Energielieferanten. Am Samstag (12. Februar) kamen die beiden mit ihrem Team in Sydney an. „Wir sind mächtig stolz“, sagte Gion.
Einen Elektroantrieb mit mobiler Windkraft zum Laden der Batterien zu verknüpfen, ist völlig neu. Und erst recht ist noch nie jemand mit solch einem Fahrzeug auf eine so lange Strecke gegangen. Überhaupt sind Touren dieser Art durch dünn besiedeltes Gebiet erst möglich, seitdem leistungsfähige Großbatterien eine größere Reichweite erlauben. Gions und Simmerers weißer Elektroflitzer mit den auffälligen Überrollbügeln in der Purpurfarbe des Essener Sponsors Evonik schaffte je gut 400 Kilometer mit einer Batterieladung. Danach standen zehn bis zwölf Stunden Ladezeit an. Die 4800-Kilometer- Pionierfahrt bricht gleich mehrere Weltrekorde.
„Man braucht kein 1000 Kilo-Auto, um 80 Kilo Mensch zu befördern. Und es geht auch ohne Stromnetz und Benzin - das wollten wir beweisen“, sagt Gion. Ganz geglückt ist der Beweis nicht: Für etwa 2100 Kilometer mussten die Abenteurer die Batterien des Elektroautos doch an konventionellen Steckdosen an der Tankstelle laden - unter anderem, weil der Jahrhundertzyklon im Nordosten Australiens an der Südküste, wo die Deutschen unterwegs waren, für ungewöhnliche Windstille sorgte.
Die gänzlich CO2-freie Durchquerung des Kontinents klappte also nicht. Aber zwei erwachsene Männer samt leichtem Gepäck und zahllosen Wasserflaschen zum Trinken bei der großen Hitze sind mit Stromkosten von insgesamt 10 Euro von einer Küste zur anderen gekommen. „Das zeigt: Man kann den Wind hervorragend nutzen“, sagt der 45-jährige Gion. „Die Elektroautos müssen weiterentwickelt und leichter werden. Dann wäre das zum Beispiel in Norddeutschland auch etwas für den Alltag.“
Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Allein das Aufstellen der 50 Kilogramm schweren Windanlage mit Rotor und einem sechs Meter hohen Bambusmast zum Teil auf Felsen oder Sandboden forderte am Abend nach der langen Fahrt zwei gut trainierte Männer. Transportiert wurde der auseinander genommene Mast im Fußraum des Elektroautos, der Rotor unter den Sitzen. Wo der Wind es zuließ, ließ Gion außerdem einen Lenkdrachen (Kite) für zusätzlichen Vortrieb steigen, was auf australischen Straßen eigentlich streng verboten ist. Eine vorbeifahrende Polizeistreife habe aber nur freundlich gewunken, erzählt Gion.
Die australischen Roadtrains - rund 30 Meter lange Riesen- Lastwagen - die auf den Überlandstraßen mit Tempo 110 an dem schmalen 3,50-Meter-Elektro-Flitzer vorbeidonnerten, haben nach seiner Schilderung manchmal für beschleunigten Puls gesorgt. Kängeruhs werden von diesen Lastwagen erbarmungslos überfahren, das Elektroauto konnte mit 50 Stundenkilometern Durchschnittsgeschwindigkeit - an langen Steigungen deutlich weniger - dagegen stets bequem ausweichen.