Los Angeles rüstet sich für „Carmageddon“
Los Angeles (dpa) - „Bleiben Sie am Wochenende zu Hause“, schärfen Politiker den Bürgern von Los Angeles seit Tagen ein. „Es wird ein absoluter Alptraum sein“, warnt der Bürgermeister Antonio Villaraigosa die autobesessenen Angelenos.
Ab Mitternacht Freitag bis zum frühen Montagmorgen wird der meistbefahrene Highway von Los Angeles komplett stillgelegt. Die Autobahn 405 ist die Lebenslinie im Westen der Millionenstadt, die unter anderem den Flughafen und die Strände von Santa Monica mit dem dicht besiedelten San Fernando Valley im Norden verbindet. Seit Wochen spricht man in L.A. von nichts anderem als dem befürchteten „Carmageddon“, in Anlehnung an das filmische Katastrophen-Spektakel „Armageddon - Das jüngste Gericht“ von 1998.
Mehr als 300 000 Autos passieren täglich den rund 16 Kilometer langen Autobahnabschnitt, der nun komplett für Bauarbeiten gesperrt wird. Eine Brücke wird abgerissen, um Platz für eine weitere Fahrspur zu machen. Was würden Berlins Autofahrer sagen, wenn die A 100 - die mit streckenweise fast 200 000 Autos pro Tag als Deutschlands meist befahrene Straße gilt - einfach dicht machen würde?
Ein Video mit dem Titel „Hitler schimpft über Carmageddon“ wurde auf dem Videokanal Youtube seit vergangener Woche über 230 000 Mal angeklickt. Eine Szene aus „Der Untergang“ im Führerbunker wird darin mit englischen Untertiteln verulkt. Hitler gerät in Rage. Wie könne er es rechtzeitig zum Flughafen schaffen, wenn der Highway geschlossen wird, flucht er in dem Videospot.
„Vermeide Carmageddon“, rät Oscar-Preisträger Tom Hanks in einer Twitterbotschaft. „STAY HOME“. Bleibt am Wochenende einfach in eurer Umgebung, mahnt der Schauspieler. Hanks zählt mit Ashton Kutcher zu einer Handvoll Stars, die eigens von der Polizei darum gebeten wurden, die Nachricht von der Straßensperrung werbewirksam zu verbreiten, um dem befürchteten Verkehrschaos vorzubeugen.
Längst werden mit Carmageddon auch Geschäfte gemacht. Die Fluggesellschaft JetBlue bietet am Wochenende Billigflüge zwischen Burbank und Long Beach an. Laut Fluglinie dauert der Trip knapp 20 Minuten. Im Vorverkauf waren die Plätze der „Flieg über den 405er“-Aktion schnell vergriffen. Eine Charterflugfirma bietet für 150 Dollar ein „Flug-Taxi“ mit dem Hubschrauber an.
Ein Sightseeing-Unternehmen setzt auf Schaulustige, die den leeren Highway mit einem Glas Champagner aus der Luft erleben möchten. 400 Dollar muss ein Paar für das Helikopter-Vergnügen zahlen. Billigere Andenken an das historische Ereignis gibt es als T-Shirt mit dem Aufdruck „Ich habe die 405-Sperrung überlebt“. Das berühmte Getty-Museum, eine vielbesuchte Touristenattraktion gleich neben dem gesperrten Highway, bleibt am Wochenende notgedrungen zu.
Die Behörden machen sich unterdessen auf betriebsame Tage gefasst. Abschleppwagen für gestrandete Autofahrer stehen bereit. Über 50 Kilometer lange Staus werden auf den umliegenden Straßen und Autobahnen erwartet. Spontane Partys und Radeltouren auf dem autofreien Highway will die Polizei sofort unterbinden. Man werde „schnell und durchgreifend“ für Ordnung sorgen, sagte Einsatzleiter Andy Smith der „Los Angeles Times“.
Doch vielleicht passiert gerade das Gegenteil, wie schon bei der Olympiade 1984. Auch damals warnten Stadt und Polizei vor einem Megastau, der allerdings nie eintrat. Die Abschreckungskampagne war so gut, dass die meisten Einwohner zu Hause blieben.