CeBIT 2001: Rekorde und das riechende Internet
Hannover (dpa) - „Es gibt erste Gewitterwolken.“ Willi Berchtold, Vizepräsident des Verbandes Bitkom, ahnte im Frühjahr 2001 bereits, dass auf die Computer- und Telekommunikationsbranche schwierige Zeiten zukommen würden.
Doch die Manager wollten sich auf der CeBIT 2001 die gute Laune nicht verderben lassen: Zum Abschluss der Computermesse feierten sie den Rekord von 830 000 Besuchern. „Der Optimismus der Unternehmen der Technikbranche ist gerechtfertigt“, sagte damals Messe-Vorstandsmitglied Hubert-H. Lange.
Die Hoffnung, dass die „CeBIT 2001 grünes Licht für steigende Börsenkurse gegeben hat“, zerstreute sich jedoch sehr bald. Zum einen drückten die Negativ-Schlagzeilen von den internationalen Börsen auf die Stimmung. Für die Telekommunikationskonzerne in Deutschland gab es mit der Milliardenbelastung durch die Ersteigerung der UMTS- Lizenzen aber auch Probleme vor der eigenen Haustür. „Die Netzbetreiber durften für einen Sack Luft knapp 100 Milliarden DM zahlen“, klagte der damalige Bitkom-Präsident Volker Jung über die im August 2000 erfolgte Versteigerung der UMTS-Lizenzen für die neue Generation von Mobiltelefonen.
Das Problem der Telekommunikationsfirmen wurde verschärft durch die Tatsache, dass die Kosten für die UMTS-Lizenzen und den Netzaufbau zwar sofort fällig wurden, auf der CeBIT 2001 aber noch kein einziges Endgerät für die dritte Mobilfunkgeneration zu sehen war. Nokia, Ericsson, Motorola und Siemens führten zu diesem Zeitpunkt zunächst die ersten GPRS-Mobiltelefone ein.
Mit denen konnte man zwar unabhängig von superteuren GSM-Minutentarifen mobile Datenverbindungen aufbauen besonders schnell waren die aber auch nicht. Erst drei Jahre später ging das Geschäft mit UMTS so richtig los. Für die UMTS-Lizenzträger MobilCom Multimedia und die Group 3G war diese Durststrecke zu lang. Sie stiegen im Herbst 2002 und im Frühjahr 2003 aus dem Geschäft mit dem mobilen Datenverkehr in Deutschland aus.
An großen technischen Visionen mangelte es auf der CeBIT damals immerhin nicht: Der Zugang zum Internet werde schon im Jahr 2001 nicht mehr fast ausschließlich über den PC erfolgen, war sich der damalige deutsche IBM-Chef Erwin Staudt sicher. Mobile Zugänge über Handy oder Laptop würden den Computer auf dem Schreibtisch ablösen. „Das Büro der Zukunft wird überall stattfinden“, sagte Werner Biesenberger, damals Leiter des Projekts „Office 21“ des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation.
Der „Communicator 9210“, den Nokia damals auf der CeBIT 2001 präsentierte, gilt heute tatsächlich als ein Gerät, mit dem die Smartphone-Ära einst begann. Allerdings sollte es noch Jahre dauern, bis die Mobilfunkgeräte tatsächlich leistungsfähig und preiswert genug waren, um aus der Smartphone-Nutzung ein Massenphänomen zu machen.
Auf der CeBIT 2001 waren aber auch skurrile Dinge zu sehen: So glaubte der südkoreanische Hersteller Samsung, das perfekte Handy für weibliche Bedürfnisse entwickelt zu haben. Die nur 80 Gramm schwere CeBIT-Neuheit war rot wie ein Lippenstift und ähnelte zugeklappt einem Schminkspiegel. Neben einem WAP-Browser, Terminkalender und Konferenzschaltung zählte das „SGH-A400“ ebenso Kalorien wie den Zykluskalender seiner Besitzerin.
Die Männer unter den CeBIT-Besuchern hatte IBM mit seiner „Smart Watch“ im Visier. Die klobige Armbanduhr mit dem freien Betriebssystem Linux konnte Kontakt zu Computern und Mobiltelefonen aufnehmen und bot Merkbuch, Kalender und Adressbuch. Und eine perfekte Täuschung für Auge und Nase wollte auf der CeBIT 2001 die Firma Interzart den Onlinenutzern bescheren. Das Hamelner Unternehmen präsentierte damals eine „neue 3D-Technik, die zum plastischen Bild zugleich auch den passenden Geruch verströmt“.