Akzente: "Der Hofmeister" in Duisburg - Alle hinabsteigen in die Badewanne
Cuilli glänzt mit der Rarität „Der Hofmeister“ von Lenz.
<strong>Duisburg. Ein blutgetränktes Tuch zwischen den nackten Beinen, und dahin ist die Manneskraft: Dass sich der Hofmeister am Ende des nach ihm benannten Stückes selbst kastriert, wirkt im Theater Duisburg wie ein unmotivierter Regieeinfall. Denn Regisseur Roberto Ciulli drängt die Haupthandlung um den Gelehrten Läuffer, der sich aus materieller Not seinem Arbeitgeber unterwirft, zugunsten der Nebenpersonen zurück. Das hat Vor- und Nachteile. Ciulli lässt Übergangsszenen weg und führt Personen nicht ein. So verstärkt er die schon bei Jakob Michael Reinhold Lenz angelegte - und von seinen Zeitgenossen im 18. Jahrhundert scharf kritisierte - Zerrissenheit der Handlung in einzelne Stränge noch. Bisweilen geht das auf die Kosten von Lenz’ scharfzüngigen Dialogen. Der Diskurs über die Vorteile der Privaterziehung, wie es im Untertitel heißt, wird etwa komplett gestrichen. Auch die Figur des Hofmeisters (Peter Kapusta) bleibt inmitten des zwölfköpfigen Personals eher blass.
Doch Ciulli gelingt es meisterhaft, die übrigen Figuren zu beleben. Faszinierend ist Simone Thoma als geruchsfetischistischer Graf Wermuth, der mit weißem Gesicht und stolzem Getänzel an Pierrot und seinen Ahnherrn aus der Commedia dell’arte, Arlecchino, erinnert. Klaus Herzog malt sich als Ma³jor seine Maske mit Wasserfarben ins Gesicht.
Wunderbar Volker Roos als stoischer Schulmeister Wenzeslaus, bei dem Läuffer Zuflucht sucht, nachdem er mit seiner Schülerin Gustchen anbandelt. Köstlich Wenzeslaus, der dem Hofmeister zur Entmannung gratuliert und sich dabei genüsslich ein Stück Wurst abschneidet.
2 Std., 45 Minuten, eine Pause, Auff.: 10., 11. Mai, je 19.30 Uhr, Karten: Tel. 0203/30 09 100