Kulturpolitik: „Diese Vorschläge fördern nur den Neidfaktor“

Reaktionen auf die Empfehlungen einer Kommission an die Landesregierung NRW.

Düsseldorf. 20 Vorschläge und zehn Empfehlungen hat eine Expertenkommission der Landesregierung NRW in dieser Woche überreicht - als Grundlage für kommende kulturpolitische Entscheidungen. Sie rät unter anderem Köln und Essen in Staatstheater und das Gürzenich-Orchester Köln in eine Staatsphilharmonie umzuwandeln und für das Tanztheater Wuppertal ein Pina-Bausch-Archiv und eine Studiobühne zu finanzieren.

"Wir haben der Kommission jede Freiheit eingeräumt", sagt Staatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff und reagiert damit auf laut gewordene Kritik. Man habe aber die Fachleute darauf hingewiesen, dass die Ergebnisse regional unausgewogen seien. Bei der politischen Umsetzung werde man das im Auge behalten, versicherte er. Zusagen wollte Grosse-Brockhoff nicht machen. Zunächst stehe die Meinungsbildung an.

Bei einer Empfehlung will man bereits bis 2009 konkrete Schritte gehen: Experten sollen für die Bibliotheken in NRW ein Aktionsprogramm entwickeln. Zur Staatstheaterfrage erklärt Grosse-Brockhoff: "Düsseldorf ist bereits ein in der vorgeschlagenen Form gefördertes Theater." Das heiße nicht, dass so etwas nicht auch für Köln und Essen möglich wäre. Den Titel Staatstheater sieht er hingegen kritisch: "Ich weiß nicht, ob die Zeiten dafür angezeigt sind."

Über ein Bausch-Archiv würde sich das Wuppertaler Tanztheater freuen. "Es ist wichtig, dass Pina Bauschs Oeuvre gepflegt und aufbewahrt wird", sagt Geschäftsführerin Cornelia Albrecht. Bedenken hat sie hingegen bei einer Studiobühne, die von den Tänzern der Compagnie ganzjährig bespielt werden soll. "Bei den weltweiten Gastspielen ist das schwer umsetzbar." Jetzt müsse man mit dem Land intensiv ins Gespräch kommen.

Düsseldorfs Kulturdezernent Hans-Georg Lohe setzt ebenso auf weitere Gespräche. "Die Vorschläge werden jetzt beraten, da werden wir in jedem Fall versuchen, Düsseldorf als Landeshauptstadt mehr mit einzubringen." Unerklärlich ist ihm vor allem, dass die Rheinoper nicht als Staatsoper angedacht wird. "Das hat Grosse-Brockhoff seinerzeit als Kulturdezernent selbst vorgeschlagen. Darüber werden wir sicher noch reden."

Michael Becker, Intendant der Düsseldorfer Symphoniker und der Tonhalle, ist über die Vorschläge schlicht verärgert. "Bei der Leistungsdichte der Orchester in NRW ist es nicht zielführend, ein Orchester zur Staatsphilharmonie zu küren und alle anderen zu Orchestern zweiten Ranges herabzusetzen." Das sei gegen jede positive Form der Konkurrenz und fördere nur den Neidfaktor. Becker vermisst Gespräche der Kommission mit den Verantwortlichen und kritisiert deren Kurzsichtigkeit: "Da geht es nicht um Entwicklung, sondern um eine Momentaufnahme." Er plädiert stattdessen für eine jährliche Förderung. "Wenn jedes Jahr ein Orchester als Exzellenzorchester ernannt und damit bezuschusst wird, würde das den Wettstreit weit mehr und besser fördern."