Neuer Tanz: Zirkusartistin und Zauberin

Choreografin In-Jung Jun lädt zur „Soloparty“ ins Tanzhaus.

Düsseldorf. Es sind die kleinen Dinge des Alltags, die In-Jung Jun gerne zu theatraler Größe erhebt. Eine rosa Bleischnur beispielsweise, wie man sie in Vorhängen findet, kann viele Minuten ihre Aufmerksamkeit absorbieren. Die Koreanerin zieht sie in Schlangenlinien über den Boden, kreuz und quer durch den Raum, mit einer Konzentration, als erforsche sie eine seltene Tierart.

Dabei muss das Publikum auch schon mal weichen, das es sich, als Teil des Bühnenbildes und über den Boden des Produktionsstudios verteilt, (un-)gemütlich gemacht hat. Die Künstlerin lädt zur "Soloparty" ins Tanzhaus NRW.

Wer einen rauschende Ball mit Eintänzerin erwartet hat, sieht sich enttäuscht: Ruhig geht es bei der Uraufführung zu, fast mystisch. Die Auszeichnungen der vergangenen Jahre scheinen dem Ego der Choreografin und Tänzerin geschmeichelt und ihr Mut zum Experiment gemacht zu haben: In-Jung Jun feiert sich selbst - und das auf die ihre Weise.

Das Publikum soll ihr dabei Vertrauter sein, sie spricht es nonchalant mit "wie geht’s" an, fordert es zum Rhythmus-Klopfen auf. Dann rückt sie vor ihm ungeniert ihre BH-Träger zurecht und zieht auch mal die Nase hoch.

Der Raum erinnert an einen Zen-Garten mit den winzigen, versprengten Topfpflanzen, die auch an eine Wand gebeamt werden, und mit dem Wägelchen, das sich als Lautsprecher auf quietschenden Rädern entpuppen wird. Von der Decke hängen, greifbar niedrig, Spots, Wasserkanister, Mikrofon. An der Wand lehnt eine Matratze.

Mit diesen Requisiten und im Dialog mit dem Musiker Simon Rummel entstehen immer neue Szenen unterschiedlicher Energien: als Spielkind, Irrwisch, Zirkusartistin und Zauberin kreiert, ja beschwört In-Jung Jun Atmosphären und Stimmungen.

Während Rummel mit einem langgezogenen, tiefen Ton auf einer Altflöte die Luft vibrieren lässt, schließt sie die Augen. In sich versunken streckt sie die Arme vor, spreizt die Finger und tanzt wie eine Magierin. Ganz anders die Imitation eines Dirigenten. Zu vereinzelten, hohen Tönen auf dem Glockenspiel gestikultiert In-Jung Jun hochdramatisch, um sich am Ende zurück in eine Tänzerin zu verwandeln.

Hochmusikalisch ist diese "Soloparty", bei der In-Jung Jun auch selbst zum Instrument wird. Simon Rummels Geigenmelodie rhythmisiert effektvoll mit Schnalz- und Zischlauten. So beseelend manche Momente, so holprig doch mancher Übergang.

Obwohl sie Ton wie Tanz und auch der Stille Zeit lässt zu wirken, wollte man mehr von Simon Rummel auf seinen verschiedenen Instrumenten hören, den spirituellen Tanz länger genießen. Die Videoinstallationen (Oliver Griem) sind da eher Störfaktor. Andere Einfälle wiederum breitet In-Jung Jun bis zur Langeweile aus, ohne sie künstlerisch zu entwickeln.

Trotz toter Punkte - zu dieser Party würde man gern wieder geladen.

Freitag, Samstag, 80 Min., Tanzhaus NRW, Karten: 0211/17270-0