Ruhrfestspiele: Angela Winkler sticht alle aus
„Happy End“ bei den Ruhrfestspielen bietet Unterhaltung. In Brechts Stück stiehlt die Schauspielerin als Frau in Grau Kollege Peter Lohmeyer (Bill) die Show.
Recklinghausen. Was für ein Happy End! Aber wo "Happy End" drauf steht, sollte auch eins drin sein - oder zwei oder drei? Also: Bill bekommt Lilian (oder umgekehrt), die Dame in Grau bekommt Hanibal, und kann ihre Prothese abschnallen, denn sie hat auf einmal wieder ein gesundes Bein.
Schließlich werden viele schlimme Gangster fromme Heilsarmisten. Dorothy Lane alias Elisabeth Hauptmann (1897-1973) hat sich das "Happy End"-Feuerwerk ausgedacht, Bertolt Brecht schrieb die Texte für die Songs, die Kurt Weill vertonte, und 1929 war die Uraufführung.
Jetzt ist das Stück Gast der Ruhrfestspiele. Im Berliner Theater am Schiffbauerdamm war es ursprünglich gefloppt, obwohl mit Brecht, Weill und Hauptmann drei Erfolgsautoren am Werke waren, die mit der "Dreigroschenoper" reüssiert hatten.
Man sieht dem Stück an, woran es dramaturgisch hapert. Brecht hat in den Text der Hauptmann stark eingegriffen, hat etwa die Rolle des Gangsterchefs reduziert, um die Rolle der Dame in Grau aufzuwerten. Davon profitierte früher Helene Weigel, und jetzt ist es Angela Winkler, die dem als Hauptattraktion gesetzten Peter Lohmeyer (Bill) die Show stiehlt.
Dazu braucht es aber auch einen Regisseur wie den einstigen Skandal-Spezialisten Jérôme Savary, der die dramaturgische Schwäche noch betont, indem er die Winkler offenbar zu munterem Chargieren angetrieben hat. Man fühlt sich wie beim Auftritt der Hexe im Märchen, wenn die Heroine mit krächzender Stimme an die Rampe tritt. Schaurig schön.
Lohmeyer hingegen bekommt nur einen verkniffenen Paten auf Ruhrpottniveau hin. Man versteht so dann schon, dass er vor der Dame in Grau kuscht. Man versteht allerdings nicht, warum sich ihm die Heilsarmeeaktivistin Lilian (Anneke Schwabe) so unvermittelt an den Hals schmeißt.
Diese Verbindung bringt jedenfalls den Chicago-Gangster ganz schön in die Bredouille, verpasst er doch wegen ihr einen von der Dame in Grau geplanten Bankraub. Da flüchtet er dann zur Heilsarmee, wo ihn aber seine aufgebrachten Kumpane finden. Als die dann erkennen, dass der blaue Heilsarmeezwirn eine prima Tarnung ist, löst sich alles in Wohlgefallen auf.
Die Brecht/Weill-Lieder "Surabaya Johnny", "Bilbao Song" "Song von Manderlay" und andere werden live von einer guten Band (Leitung: Matthias Stötzel) begleitet, und von Schwabe und Winkler auch originell gesungen. Savarys Slapstick aus der Regietheater-Mottenkiste der 70er-Jahre erheitern, gerade weil er nicht mehr funktioniert. Im bieder-realistischen Bühnenbild (Savary/Eva Humburg) erlebt man ein Spektakel mit nostalgischem Charme, keinen großen Abend, aber nette Unterhaltung. Inszenierung: nnnnn Bühne: nnnnn Ensemble: nnnnn
150 Min. mit Pause. Auff.: 24. bis 27. Mai. Karten: 02361/92180