NRW tummelt sich in Cannes
Während Wim Wenders noch entspannt wartet, präsentiert Clint Eastwood in Cannes sein neues Werk „Changeling“.
Cannes. Das Beste kommt zum Schluss besagt eine alte Cannes-Weisheit, die die Statistik angeblich belegt. Und so gibt sich Wim Wenders ganz entspannt. Schließlich läuft sein Roadmovie "Palermo Shooting" erst offiziell am Samstag im Wettbewerb des wichtigsten euroäischen Filmfests, das am Sonntag endet.
Der Regisseur, der als Deutscher bisher am häufigsten in Cannes vertreten war, schätzt das Festival am blauen Mittelmeer, auch wenn dieses derzeit nicht zum Schwimmen einlädt. "Ein Regisseur muss bereit sein, baden zu gehen, aber nicht unbedingt im Wasser", plaudert er launig.
Ein weiterer gern gesehener Gast präsentierte gestern schon seinen neuen Film. Clint Eastwoods "Changeling" (Der Austausch) sorgte für starkes Gedränge.
Schließlich spielt ausgerechnet Angelina Jolie, Hollywoods neue Supermutti, in dem 1928 angesiedelten Drama eine Alleinerziehende, deren Sohn spurlos verschwindet.
Nach Wochen taucht ein Junge auf, der behauptet, ihr Sohn zu sein und den die Polizei von Los Angeles nur zu gern der Mutter unterschieben möchte. Denn Meldungen über erfolgreiche Ermittlungen kann die stark in der Kritik stehende L.A.P.D. nur zu gut vertragen.
Wie schon in "Mystic River" und in "Million Dollar Baby" entwickelt Eastwood ein hochemotionales Drama mit viel Gespür für Atmosphäre und Zwischentöne.
Doch vor allem in der zweiten Hälfte des mit 140 Minuten etwas langen Films tritt die Story auf der Stelle und vollzieht nur das, was man längst schon ahnt. Angelina Jolies Leistung als leidende, aber toughe Mutter, die sich nicht einschüchtern lässt, ist schon preiswürdig. John Malkovich als politisch engagierter Pastor bleibt dagegen etwas blass.
Wie Wim Wenders seine Chancen auf einen erneuten Preis einschätzt, will er genauso wenig verraten wie etwas über seinen Film, solange den niemand gesehen hat.
Bereits vor 24 Jahren hat der gebürtige Düsseldorfer mit "Paris, Texas" die Goldene Palme gewonnen. Seine Heimatstadt nimmt er in diesem Jahr mit nach Cannes. Denn "Palermo Shooting" wurde zum Teil in Düsseldorf gedreht, und der Tote-Hosen-Sänger Campino spielt darin seine erste Hauptrolle.
So liegt der Vergleich eigentlich auf der Hand: "In Cannes ist wie in der Altstadt immer viel los, und irgendwann gerät alles außer Rand und Band", erklärt Wenders dem erstmals in Cannes anwesenden NRW-Medienminister Andreas Krautscheid.
Der sieht die NRW-Filmwirtschaft im Aufwind und seine Aufgabe darin, internationalen Produzenten NRW als Filmstandort noch schmackhafter zu machen.
Dabei gibt es in diesem Jahr schon beachtliche Erfolge zu verzeichnen. "Der Vorleser" mit Kate Winslet wurde zum Teil in Köln gedreht. Dorthin kommt Ende Mai auch Michelle Pfeiffer für die Produktion "Cherie". Lars von Triers neuer Film "Der Antichrist" soll im Sommer im Bergischen Land entstehen. Die anfänglichen Probleme um den Drehort, auf dem seltene Störche nisten, wurden gelöst.
"Wir haben eine neue Wiese gefunden", sagt Michael Schmid-Ospach, Geschäftsführer der Filmstiftung NRW. Der dänische Filmemacher von Trier ("Dancer in the Dark") ist ein gern gesehener Gast an der Croisette.
Längst sei das Label "europäischer Film" in Cannes kein Schimpfwort mehr, wie noch vor zehn Jahren, findet Schmid-Ospach. Der Begriff fülle sich "mit dem prallen Leben und der kulturellen Kraft, die sich über die Sprachgrenzen hinweg entwickelt".