Wer Stücke schreibt, muss durchhalten können
In Düsseldorf bietet das Schauspielhaus einen Schutzraum für junge Autoren.
Düsseldorf. Sie schreiben, zeigen ihr Innerstes, und dann lässt keiner ein gutes Haar an ihren Geschichten. Bitterer Alltag eines Theater-Autoren. "Diese Kritik auszuhalten, muss man erst einmal trainieren", sagt Thomas Jonigk. Seit zwei Jahren leitet er das Autorenlabor am Düsseldorfer Schauspielhaus.
Hier erhalten jedes Jahr fünf junge Dramatiker die Chance, ein Stück zu entwickeln. Es ist ein Wettbewerb, bei dem das Publikum mitentscheidet, welcher Text es auf die Bühne schafft. Das Sieger-Stück wird im folgenden Jahr als Uraufführung am Schauspielhaus gezeigt.
An diesem Wochenende ist es soweit: "Zwei Brüder drei Augen" hat Nora Mansmann ihr Werk genannt. Heute Abend sieht sie es als Premiere in der Alten Paketpost am Düsseldorfer Hauptbahnhof. Die Organisatoren des Festivals "Gimme Shelter" haben ein Zelt aufgestellt: ein Schutzraum für junge Autoren.
Hier lesen Schauspieler heute, morgen und am Sonntag die in diesem Jahr entstandenen Labor-Texte. Hier gibt es auch die Möglichkeit, mit US-amerikanischen Autoren und Theaterleuten ins Gespräch zu kommen. Denn das in New York und Berlin beheimatete German Theater Abroad (GTA), Mitveranstalter des Festivals, stellt in den USA entstandene Stücke und ihre Verfasser vor.
"Staatliche Förderung wie hier gibt es in den USA nicht", sagt Ronald Marx vom GTA. Darum sei es das Ziel der Autoren, ihr Stück auch immer zu einer Inszenierung zu bringen. "Es herrscht ein viel größerer kommerzieller Druck." Der Autor als Künstler zähle in diesem "Business" weniger, vergleicht Marx die Situation. "Sie sind motivierter und handwerklich besser als in Deutschland", meint auch Thomas Jonigk.
Er bezeichnet diese Art von Stücken als "wellmade plays", bei denen der Verfasser die Umsetzung auf der Bühne und vielleicht sogar vor der Kamera klar im Kopf habe. "In Deutschland muss man den Autoren erklären, auf was sie achten müssen. 25-Seiten-Monologe etwa sind schwierig umzusetzen für Schauspieler."
"Die Wahrheit liegt wie immer in der Mitte", sagt Marx. Theater wie das Düsseldorfer Schauspielhaus, die diese Form der Förderung für ihre Autoren anbieten können, seien gefordert. "Es geht darum, wie man sich dem Publikum öffnet. Wie man mit Theater den Finger in Wunden legt."
Jonigk stimmt ihm zu: "Es darf keine Bequemlichkeit aufkommen. Aber ich stelle auch bei uns einen guten Pragmatismus fest. Die Autoren möchten immer stärker, dass ihr Stück ein Publikum findet." Man sei in der guten Situation, sich nicht anbiedern zu müssen.
Doch selbst wenn man es einmal geschafft hat, müsse man vor allem eins: durchhalten können, weiß Jonigk aus eigener Erfahrung. Und sich von der Illusion trennen, dass man allein vom Schreiben von Theaterstücken sein Leben bestreiten könne. Informationen zum Festivalprogramm: Telefon 0211/369911.