Opernaufführung am Krefelder Stadttheater: Zwei Seiten einer verletzten Seele
Barock und Moderne werden in Krefeld wunderbar verschränkt. Einer der dramaturgischen Kniffe von Regisseur Christian Tombeil: Die Handlungen werden als Spiel im Spiel gezeigt.
Krefeld. Ein Werk des Barocks und eines der klassischen Moderne - geht das zusammen? Das geht am Krefelder Stadttheater ganz wunderbar, wo man jetzt die Barockoper "Dido und Aeneas" von Henry Purcell und Arnold Schönbergs Monodrama "Erwartung" nicht als Doppelabend präsentiert, sondern in einer so sensiblen wie intelligenten Verschränkung der Figuren und Geschichten.
Immer wieder friert Tombeil das Ensemble ein, man sieht eine Gesellschaft im Stillstand. Und mitten in ihr spielt sich zunächst das Liebesdrama der Dido (Uta Christina Georg) ab. Als Geist ist ihr die namenlose Frau aus "Erwartung" (Kerstin Brix) schon Trost und Rivalin.
Königin Dido liebt Aeneas (Hans-Jürgen Schöpflin), obwohl sie der Liebe abgeschworen hatte. Eine böse Zauberin (Janet Bartolova) lässt Aeneas den fingierten göttlichen Befehl überbringen, er solle aufbrechen und Dido zurücklassen. Bei Purcell gehorcht Aeneas, Dido bringt sich um. In Krefeld aber nimmt der Geist (Brix) für die verschmähte Dido Rache, tötet Aeneas.
Nach der Pause wird Aeneas’ Leiche dann zum toten Liebhaber der Frau, den diese nach einigem Herumirren findet. Nun ist es Dido, die ihr immer wieder als Wesen der Imagination begegnet. Am Ende verschmelzen beide zu einer Figur, eng kauern sie beisammen.
Didos äußere Beherrschtheit und das Gesetzte der Barockmusik, die emotionale Haltlosigkeit der Frau, das Fiebrige der Schönbergschen Dissonanzen - Tombeil gelingt es, die Charaktere als zwei Seiten einer verletzten Seele darzustellen. Die Sängerinnen und Sänger überzeugen vollends, Dirigent Graham Jackson gelingt mit den Niederrheinischen Sinfonikern ein brillantes Klangbild.
105 Minuten mit Pause. Auff.: 27. Mai, 6., 9., 16., 21., 22. Juni. Karten-Tel.: 0 21 51 / 80 51 25.