Ruhrfestspiele: Fachfrau in Sachen Terrorismus
Wie geht eine muslimische Frau damit um, dass Muslime mit Terroristen gleichgesetzt werden? "Lampedusa" heißt das Stück von Henning Mankell, das Dominique Schnizer für die Ruhrfestspiele als Deutsche Erstaufführung inszeniert hat.
<strong>Recklinghausen. Henning Mankell hatte gute Gründe für dieses Stück: Junge, gut ausgebildete muslimische Frauen sucht man auf der Theaterbühne vergebens. Und doch gibt es sie. Was kennzeichnet ihr Leben in unserer Gesellschaft? Wie gehen sie damit um, dass bei vielen Menschen in Westeuropa Muslim gleich Araber gleich Terrorist eine logische Folge bildet? "Lampedusa" nennt der schwedische Erfolgsautor sein Stück, das Dominique Schnizer für die Ruhrfestspiele als Deutsche Erstaufführung inszeniert hat. Antworten findet der Regisseur nicht. Drei grob und stereotyp gezeichnete Figuren spielen 70 Minuten leblos nebeneinander, präsentieren Dialoge, die nicht in die Seele blicken. "Ich bin Muslimin und ich liebe eine Frau", sagt Titania (Oana Solomon). Sie ist Studiogast bei "Talk mit Anna" und trifft sich zum Vorgespräch mit der sorgfältig gestylten und professionell überdrehten Moderatorin (Julia Malik). Die Regie mahnt über Lautsprecher zur Eile: "Noch 20 Minuten bis zur Sendung". Titania will die Heimlichkeit ihrer Liebe durchbrechen, will sagen, was sie fühlt und denkt. Dass dieser Ort dafür der falsche ist, erkennt die Akademikerin aus Hamburg erst ganz zum Schluss. Also reden die Frauen über Gott und die Welt - ohne Erkenntnis.
Wie war die Flucht aus Sambia, der Schrecken, will Anna wissen. "Wir waren nie Flüchtlinge", lautet die schlichte Antwort. Warum sehnen sich die Terroristen nach dem Tod? Die vermeintliche Fachfrau verweigert sich. "Ich kenne keine Terroristen." - "Aber Sie kennen Muslime?" - "Nicht alle Muslime sind Terroristen." - "Ja, aber fast alle Terroristen sind Muslime!" Sensationswitternd reagiert Anna auf den Stein, den Titania präsentiert. Er ist gebraucht, beendete der Scharia folgend eine lesbische Liebe.
Ohne zündende Idee lässt Schnizer die Darsteller auf- und abgehen. Am Konferenztisch entfernen sie sich immer weiter voneinander, verlieren das Interesse aneinander. Taucht der Fernsehmeteorologe Anders (Kai Schumann) auf, verstummen die Frauen, lassen ihm brav Raum für Potenzgehabe. Im schrillen Schlangenmusteranzug produziert er sich vor den Frauen. So ist es wohl das Leben beim Fernsehen, das Leben in der oberflächlichen Welt. Doch auch diesen Bildern geht jeder Tiefgang ab.