Ruhrfestspiele: Cabaret - Willkommen, bienvenue, welcome
Musical: „Cabaret“ bei den Ruhrfestspielen in Recklinghausen
Recklinghausen. "Fremde, Etragers, Strangers", alle sind willkommen im Kit-Kat-Club, dieser Insel der Glückseligen in der zunehmend braunen Suppe names Berlin. In den 30er Jahren verschlägt es den amerikanischen Schriftsteller Cliff Bradshaw (Mario Ramos) dorthin, doch die Nazis marschieren bereits auf, vom Glamour der wilden 20er Jahre ist nur noch ein kleines Glitzern vorhanden: im Kit-Kat-Club. Den legendären Amüsierbetrieb lässt nun eine Inszenierung des St. Pauli Theaters bei den Ruhrfestspielen wieder aufleben.
Und die siebenköpfige Band unter Leitung von Matthias Stötzel heizt dem Publikum in Recklinghausen mit den unverwüstlichen Melodien von Joe Masterhoff, John Kander und Fred Ebb ganz schön ein. "Cabaret", "Maybe this time" oder "Money makes the world go around" erweisen sich auch Jahrzehnte nach der Uraufführung als treffsichere Ohrwürmer, zumal die Darsteller hier alle über sehr gute Stimmen verfügen.
Die Liebesgeschichte zwischen Cliff und der kapriziösen Sängerin Sally Bowles (Anneke Schwabe), aber auch zwischen Fräulein Schneider und Herrn Schultz (Angela Schmid und Peter Franke als anrührendes Paar) wird zunehmend konfrontiert mit der düsteren politischen Situation Berlins. Schnelle Szenen springen zwischen der Pension von Fräulein Schneider und den Szenen des Tingel-Tangel-Clubs hin und her, Show und Realität vermischen sich. Das macht schnelle Umbauten nötig, die auf viel Kulissen-Schnick-Schnack verzichten. Hier sind es auch nur einzelne Teile, eine Showtreppe, ein Sofa, ein Kubus aus Türen, die die Szenerien andeuten. Manches wirkt auf der großen Recklinghäuser Bühne etwas verloren.
Vor allem die herausragenden Rollen des Conférenciers und der Sally Bowles müssen sich wohl auf ewig mit der berühmten Verfilmung von Bob Fosse von 1972 messen lassen. Anneke Schwabe verfügt leider nicht über das Temperament einer Liza Minelli. Sie singt zwar schön, vergisst dabei jedoch das Spielen, und steht selbst bei dem Mitreißer "Cabaret" unchoreografiert auf der Bühne. Dagegen füllt Gustav Peter Wöhler die Rolle des Conférenciers mit jedem Gramm aus: Mit anzüglichen Blicken verführt er das Publikum und grabscht schelmisch-schmierig an den Kit-Kat-Girls herum.