Schauspielhaus-Premiere: Die Macht siegt über die Liebe
Konstanze Lauterbach findet in Düsseldorf kraftvolle Bilder für Franz Grillparzers Trauerspiel „Libussa“.
Düsseldorf. Im Blick liegt Liebe, durch die Lippen zischt das Misstrauen. Als Fürstin, nicht als Frau bittet Libussa ihren Lebensretter an den reich gedeckten Tisch, so sagt sie. Doch beiden steht die Erinnerung vor Augen, wie Primislaus die im Wald in Gefahr geratene Libussa aus den Fluten zog. Unter einem Wasserschwall ringt die Halbertrunkene in der ersten Szene nach Luft. Er stürzt zu ihr, zerrt sie samt vollgesogener Kleider in Sicherheit. Ein zartes Band knüpfen sie beim ersten Anblick.
Eine goldene Kette, Geschenk des verstorbenen Fürstenvaters, die seit diesem Augenblick nicht mehr ganz ist, lässt sie später streiten. Ist das fehlende Teil gerechter Lohn oder Liebespfand? Es geht um mehr als ihre Zweisamkeit: Ein Herrscher muss her, so fordern es die Untertanen in Böhmen. Ein Mann mit Sinn für staatliche Führung, der auf Recht und Gesetz und nicht wie Libussa auf Vernunft und kindliches Vertrauen baut.
Das quirlige Leben lenkt nicht ab, sondern unterstreicht die politische Dimension der Beziehung. Hier beweisen sich Janina Sachau und Michele Cuciuffo als eine herausragende Besetzung: Kraftvoll lässt Primislaus die Kreissäge aufheulen, zeigt seinen männlichen Schaffensdrang. Scharfsinnig und wohlartikuliert weist Libussa zwei Streitende in die Schranken der Menschlichkeit. Grün ist ihr Kleid, wenn sie voll Hoffnung als Fürstin antritt, in grellem Rot übergibt sie das Zepter und sich selbst dem Mann.
Geht es ums Wort, so halten die Darsteller sich mit Aktion zurück und lassen Raum für die Sprache. "Der Staat verschlingt den Einzelnen", sagt Libussa. Primislaus sieht die Schwelle zu einer neuen Zeit: "Der Staat ist die Ehe des Bürgers." Rote Lettern an der Hinterwand sind die Blutspur der Zeit: Plakativ wird aus Herrschaft der Plan und schließlich das Vaterland, dem auch Libussa ihren Verstand unterordnet.
Inhalt Die böhmische Königstochter Libussa übernimmt nach dem Tod ihres Vaters die Regierung des Landes. Ihre Utopie: Gefühl und Vertrauen sollen das Zusammenleben der Menschen bestimmen. Die Männer des Landes fordern einen Herrscher. Libussa heiratet Primislaus, der die Geschäfte in die Hand nimmt.