Spielzeitauftak in Düsseldorf: Nur ein Traum vom Glück

Amélie Niermeyer inszeniert Kleists „Das Käthchen von Heilbronn“ und findet keinen richtigen Zugang zum Stück.

Düsseldorf. Was für ein frühreifes Gör! Gerade mal 15 Jahre alt, weiß es genau, was es will. In der Debütantin Claudia Eisinger hat Amélie Niermeyer ihr optimales Käthchen gefunden: jung, selbstbewusst, willensstark, auch mal ein bisschen rotzig, setzt sie Gefühl über Verstand und nimmt ihr Glück selbst in die Hand. Die 22-Jährige, gerade frisch von der Ernst-Busch-Schauspielschule in Berlin importiert, ist der strahlende Mittelpunkt einer ansonsten an Glanzpunkten eher armen Inszenierung des "Käthchens von Heilbronn" zum Spielzeitauftakt am Düsseldorfer Schauspielhaus.

Intendantin Amélie Niermeyer hat Kleists "großem historischem Ritterschauspiel" alle Romantik ausgetrieben. Geradezu nüchtern bringt sie das märchenhafte Spiel um die schicksalhafte Bestimmung der Hauptfiguren auf die große Bühne. Maria-Alice Bahra hat dazu passend einen hohen, holzvertäfelten Hörsaal auf die Bühne gestellt, der zunächst dem Femegericht dient.

Anschließend öffnet er sich, und die Rückwand ergibt dank routierender Drehbühne immer wieder neue Räume. Das ist zwar eine ganz raffinierte Konstruktion, bestärkt aber zusammen mit der fahlen Beleuchtung den unsinnlichen Zugriff auf das Stück. Nur die zarte Musik von Parviz Mir-Ali, live von vier Musikern mit dem Bühnengeschehen verwoben, verleiht dem faden Spiel etwas atmosphärische Dichte.

Käthchens Liebe zu dem Grafen Wetter vom Strahl gründet auf einem Traum. Nun folgt sie dem Auserwählten, obwohl er sie schroff zurückweist. Markus Scheumann gibt dem Grafen zunächst brutale Züge, vor allem als das Gericht ihn in die Ecke drängt und beschuldigt, Käthchen verführt zu haben. Da schmeißt er Stühle um und poltert herum. Erst allein offenbart er seine emotionale Zerrissenheit. Scheumann, sonst häufig souveräner Mittelpunkt, wirkt hier seltsam unsicher. Zunehmend veralbert er den Grafen in einer Mischung aus Loriot und Stromberg. Als er Käthchen schlafend auf einer Wiese antrifft - eigentlich ein romantischer Höhepunkt des Stücks - nähert er sich ihr wiehernd wie ein liebestoller Hengst.

Ein echter Vierbeiner, ein prächtiger Schimmel, stolziert tatsächlich während der Feuerszene über die Bühne, und die Szenerie hüllt sich in weißen Nebel: Sinnbild des Cherubs, der Käthchen aus dem Feuer rettet? Dieses zugegebenermaßen sehr stimmungsvolle Bild wirkt völlig deplatziert und offenbart, dass die Regie keinen schlüssigen Zugriff auf das Stück gefunden hat.

Geschichte In einem Traum verheißt ein Engel dem Käthchen von Heilbronn den Grafen Wetter vom Strahl als Geliebten. Nun folgt das Mädchen seinem Angebeteten auf Schritt und Tritt. Auch dem Grafen erscheint ein Engel, der ihm eine Hochzeit mit einer Kaisertochter ankündigt. Doch er glaubt, Kunigunde von Thurneck ist die Erwählte. Aber Käthchen lässt nicht locker und glaubt an ihren Traum.

Dauer: 3 Std, eine Pause.

Aufführungen 19., 24., 29., September und 1., 7., 11., 27. und 28. Oktober; Karten unter Tel. 0211/36 99 11.