Die Rückkehr der Römer — und wie sie in Neuss lebten
Die Ausstellung „Römer zum Anfassen“ beleuchtet das antike Leben, zeigt Originalfunde und zahlreiche Rekonstruktionen.
Neuss. Neuss ist eine der ältesten Städte Deutschlands. Die ersten römischen Legionäre campierten schon 30 vor Christus in Neuss, das belegen Bodenfunde, erst 2012 entdeckt. Die Geschichte der römischen Sammlung des Clemens-Sels-Museums läuft naturgemäß parallel zur Forschungsgeschichte. Doch während die Dauerausstellung vor allem Funde aus dem Castrum Novaesium in Gnadental zeigt, geht die neue Ausstellung „Römer zum Anfassen. Mythos und Fakten“ vor allem der Frage nach, ob die Welt der Antike wirklich so war, wie sie heute gewöhnlich dargestellt wird. Die Sonderausstellung eröffnet morgen um 11.30 Uhr.
Wer davon ausgeht, lediglich ein paar Vitrinen mit Salbfläschen, Rippenschalen und dergleichen vorzufinden, der täuscht sich. Kurator und Archäologe Carl Pause hat mit viel Eigenleistung und pfiffigen Ideen die Schau zu einem kleinen Erlebnisort für die Sinne werden lassen (Ja, es gibt auch was zu riechen!).
Unter den rund 100 Objekten gibt es viel zum Anfassen und Ausprobieren, mit einer speziellen App kann man ein Selfie neben einem 3D-Römer in Lebensgröße schießen. Der Besucher hat keine andere Wahl, als sich auf die Suche nach einer Antwort auf die Frage zu machen: War die Welt der Antike wirklich so, wie sie heute oft dargestellt wird? „Rekonstruktion ist immer Interpretation“, sagt Pause. Ständig gebe es neue Deutungen. So will die Ausstellung mit Mythen, falschen Darstellungen und Vorurteilen aufräumen, Fakten schaffen. Keineswegs trugen die Römer etwa nur kurze Tuniken, sagt Pause, auch wenn sie in den Sandalenfilmen der 1970er Jahre oft so dargestellt wurden. „Das war eben die Interpretation jener Zeit, in der Miniröcke angesagt waren.“ Ein Zusammenschnitt alter Römer-Filme ist in der Ausstellung in einem kleinen Mini-Kino zu sehen.
„Die Welt der Römer war bunt“, sagt Pause, das dokumentiere nicht zuletzt das Relief der Trajanssäule in Rom. Ein entsprechend buntes Abbild ist im Treppenhaus des Clemens-Sels-Museums zu sehen. Zudem kann sich jeder Besucher eine Furca (Tragestange) eines Legionärs mit Sarcina (Marschgepäck) über die Schulter hängen. Münzen mit Novaesium-Aufdruck können mit einem Hammer selbst geprägt werden. Wer wissen will, wie es in einer Soldatenstube gerochen haben mag, kann ein kleines Tongefäß öffnen. Ausgestellt ist auch eine eiserne Reitermaske eines römischen Soldaten — eine Kopie aus dem 3D-Drucker. „Wir haben gezielt einen Ansatz gesucht, der das Leben der Römer in Neuss erfahrbar macht“, sagt Museumsdirektorin Uta Husmeier-Schirlitz. Da passt es, dass u.a. Bilder von Hobby-Forschern, die sich freizeitmäßig mit der Römer-Zeit befassen, ebenso in der Schau zu sehen sind.