Ausstellung: Blick auf den Mythos Krupp

Das Ruhrmuseum widmet sich 200 Jahren Firmengeschichte mit großen Geschützen und kleinen Zetteln.

Essen. Nach 200 Jahren Firmengeschichte wird vieles zum Symbol, vieles gerinnt zum Klischee. Da erschrickt man vor dem todbringenden 700 Kilo schweren Geschoss der „Dicken Berta“, da schaut man neugierig auf den Zettel von Arndt Krupp von Bohlen und Halbach, auf dem der letzte Krupp-Sprössling handschriftlich mit sechsstelligen Beträgen jongliert — dies wurde gespendet, das brauchte er für seinen nicht ganz bescheidenen persönlichen Bedarf.

Zum 200. Jubiläum des Krupp-Konzerns geht das Essener Ruhrmuseum den Mythen nach, die sich um das Unternehmen ranken. Rund 1500 Exponate und drei Stunden Filmmaterial dokumentieren in den kohlegeschwärzten Räumen des Museums auf der Zeche Zollverein die dynamische Entwicklung der Stahlproduktion, die Geschichte der Familie Krupp und die ihrer Arbeiter, die sich stolz und froh „Kruppianer“ nannten.

Denn sie wurden stets etwas besser bezahlt, seit dem Ende des 19. Jahrhunderts wurde die betriebliche Fürsorge ausgebaut: Es gab eigene Läden, eigene Krankenhäuser, eigene Wohnsiedlungen. Das galt allerdings nicht für die Zwangsarbeiter, zu denen 1943 jeder vierte Krupp-Beschäftigte gehörte. Sie kommen auch im Museum nur am Rande vor.

Erstmals sei nun in der Revierstadt eine Krupp-Ausstellung außerhalb der Mauern des Krupp-Sitzes Villa Hügel zu sehen, sagte Museumschef Theo Grütter. Ein Schwerpunkt werde auf die lange kaum untersuchte Geschichte der Krupp-Frauen gelegt.

Mit dem aus den Niederlanden stammenden Kaufmann Arndt Kruipe ist das erste Mitglied der Familie Krupp im Jahr 1587 in Essen nachweisbar. Mit der Gründung einer Gussstahlfabrik legte Friedrich Krupp vor 200 Jahren nicht nur den Grundstein zur Firmengeschichte, sondern stürzte die Familie auch fast in den Ruin. Nach seinem Tod verließ sein damals erst 14 Jahre alter Sohn Alfred die Schule und rettete die hoch verschuldete Firma.

Es folgte die Expansion zum Großkonzern und die Mythenbildung — Grütter hat für alle Klischees sowohl Bestätigung als auch deren Widerlegung gefunden. Mit eigenen Marketing-Einrichtungen habe die Firma Krupp aber auch bewusste Politik betrieben — das zeigte im vergangenen Jahr bereits die Jubiläumsschau in der Villa Hügel.

Der repräsentative Bau mit 279 Zimmern, zu dessen Bewirtschaftung zeitweise über 600 Bedienstete bereit standen, wird auch hier thematisiert. Rund die Hälfte der Leihgaben stammt aus dem historischen Archiv Krupp. Die rund 700 000 Euro teure Ausstellung sei jedoch ganz ohne finanzielle Unterstützung der Krupp-Stiftung zustande gekommen, betonte der Museumschef. „Es gab keinerlei Beeinflussung.“