Begehbare Skulptur im K 21: Das Schwere vor dem Schweben
Eine gigantische, begehbare Skulptur entsteht im Düsseldorfer Museum K 21. Dort verbindet sich derzeit Kunst mit Ingenieurskunst.
Düsseldorf. Es wird ein filigranes Wunderwerk: Im K21, dem Haus der Kunstsammlung NRW für die Kunst des 21. Jahrhunderts, entsteht innerhalb von zehn Wochen hoch oben unter der Glaskuppel eine begehbare Skulptur von Tomás Saraceno (40) — raumdurchmessend und zugleich fast unsichtbar. Wir durften als erste auf die Baustelle.
Drei riesige Netze, das größte ist 840 Quadratmeter groß, werden übereinander angebracht, fünf durchsichtige Kunststoff-Kugeln zwischen 3,5 und acht Meter im Durchmesser halten sie auf konstantem Abstand. Ein schwebende Stadt will der argentinische Künstler damit in den Köpfen der Besucher evozieren.
Bevor Besucher sich 29 Meter über dem Erdgeschoss in den Stahlmaschen bewegen und sich gegenseitig in Schwingungen versetzen, waren zwei Jahre Vorbereitung nötig. Eigentlich wollte Marion Ackermann, künstlerische Direktorin der Kunstsammlung, Saracenos Werk bereits im Herbst 2011 präsentieren.
Doch die künstlerische Idee musste sich verbinden mit hoher Ingenieurskunst, mit statischen Berechnungen voller Unbekannter, die dennoch alle Sicherheitsvorschriften berücksichtigen. „Neben der schwierigen Suche nach dem Material musste man die Kräfte eines Objekts kalkulieren, das sehr groß wird, aber dessen genaue Form man nicht kennt“, fasst Bernd Schliephake, der Sicherheitschef des Museums, das Problem zusammen.
Erst sollte das Netz aus Kunststoff gefertigt werden, doch der war nicht brandsicher genug. Also Edelstahl. Aber wer stellt so etwas so groß und so zart her? Fündig wurde man in der Schweiz bei der Firma Jakob in Trubschachen, die normalerweise Netze gegen Steinschlag fertigt. Geknüpft wurden die Netze aus drei Millimeter starken Seilen in Vietnam, „aber in einem vorbildlichen Betrieb“, sagt Schliephake.
Rund fünf Tonnen wird die fast zehn Meter hohe Konstruktion wiegen, die wie ein Spinnennetz an den Mauern festgezurrt wird. Doch nicht das schiere Gewicht, sondern die Verspannung ist das Problem: Bis zu sechs Tonnen Zugkräfte wirken auf einen einzigen Haltepunkt — und das im denkmalgeschützten Ständehaus. Deshalb war für das Kunstprojekt eine Baugenehmigung erforderlich. Und für die Berechnung der Kraftlinien, die durch eine Million Knotenpunkte laufen, brauchten die Rechner der Ingenieure mehrere Tage.
Die Kosten für „Tomás Saraceno — in orbit“ liegen laut Kunstsammlung „im Bereich einer mittleren Ausstellung“. Erfahrungsgemäß dürfte man damit im oberen sechsstelligen Bereich liegen.