Bundeskunsthalle Bonn: Das Wunder von Kabul
Bonn. Die Plünderungen, Brände und Vernichtungen der Schätze aus dem Nationalmuseum in Kabul gingen um die ganze Welt: 1993 brannte das zweite Obergeschoss des Museums komplett aus.
2001 entschied das Taliban-Regime, alle Skulpturen des Museums zu vernichten, mehr als 2000 Exponate wurden zerstört.
Am Donnerstag ließ der Generaldirektor Omar Khan Mossoudi 15 Leute während der Pressekonferenz in der Bonner Bundeskunsthalle aufstehen und deklarierte sie zu "Helden Afghanistans".
Wie erst jetzt bekannt wird, hatten Wissenschaftler und Archäologen die wichtigsten Stücke schon 1988 in den Safes der Zentralbank von Kabul in Sicherheit gebracht und seitdem geschwiegen. 231 kostbare Grabungsfunde werden jetzt der deutschen Öffentlichkeit präsentiert.
"Afghanistan wird vor allem mit Tod, Waffenaschlägen und der Burka in Verbindung gebracht. Nun wollen wir der Welt zeigen, was für ein reiches, kulturelles Erbe wir haben. Wir teilen die Kultur mit allen anderen Ländern", erklärte der stellvertretende Kultusminister Omar S.Sultan.
"Gerettete Schätze" nennt sich die Schau aus Kabul. Sie enthält die spektakulären Goldschätze der Skythen aus dem Grenzgebiet am Hindukusch, beispielhafte Tierdarstellungen und Ornamente, die die Verbindung zu den Kulturen Mesopotamiens und zur Indus-Kultur verdeutlichen.
Das kulturelle Erbe des Landes zwischen Pakistan, Iran, Tadschikistan und Turkmeinistan spiegelt die Schätze eines Landes, das an den strategisch wichtigsten Routen der Seidenstraße lag. Internatioanle Handelswege, der Feldzug alexanders des Großen und benachbarte Königreiche hinterließen ihre Einflüsse.
Manche unwiderbringliche Kostbarkeit konnte in letzter Minute gerettet werden. So entdeckten 1966 Bauern bei Tepe Fullol Gefäße aus Gold und Silber, die die Frühgeschichte des Landes vor 4000 Jahren erstrahlen ließen.
Leider begannen die Finder, die Schalen mit den grazilen Darstellungen von Wildschwein und Stieren mit einem Beil zu teilen. Die Reste sind nun in einem dunklen Kabinett von wenigen Punktstrahlern erhellt.
Mit Alexander dem Großen kam der Hellenismus nach Afghanistan. Die Stadt Ai Khanum gilt heute als der östlichste Punkt der griechischen Welt.
Ein ausdrucksstarker, klassischer Kopf mit breiten Wangenknochen aus ungebranntem Ton, eine weibliche Statuette mit üppigem Schamhaft als Symbol der sexuellen Kraft, sowie die griechische Göttin Kybele als Wagenlenkerin sind Sinnbilder griechischer Kultur in faszinierenden Beispielen.
Der Schatz von Baktrien unweit der Wüstenstadt Sheberghan wurde 1978 von einer sowjetisch-afghanischen Expedition entdeckt. Sechs Gräber mit 21618 Objekten aus gold, Silber und Elfenbein, wurden dabei freigelegt.
Die Grabstätten vom Beginn der christlichen zeitrechnung gehörten reichen Nomadenfamilien, die sich auf dem Goldhügel von Tillya Tepe bestatten ließen. Dazu gehört die "Aphrodite von Baktrien", eine geflügelte weibliche Figur mit leichten Grübchen und Mandelaugen. .
Edelsteinbesetzter Gold- und Silberschmuck zeigt sich hier in verschwenderischer Fülle, eingelegt mit Halbedelsteinen, Armreifen in Antilopenform, Drachenbändiger als Anhänger, Aphrodite mit eros als Applikation, Kolliers mit Facetten, Schuhschnallen mit Drachendekor oder einem stehenden Mufflon mit geriffelten Hörnern, Dolche mit Tierkampfszenen, ja sogar eine Kron aus funkelndem Goldblech mit 20 sechsblättrigen Rosetten.
Der schatz von Begram, dem ehemaligen kaukasischen Alexandria datiert aus dem ersten und frühen zweiten Jahrhundert nach christus und präsentiert die ältesten Beispiele griechisch-römischer glaskunst und uralter indischer Elfenbein-schnitzereien.
Alle Ausgrabungsstätten liegen im Hindukusch, im Norden des Landes, wo sich Deutschland seit Ende 2001 beim Wiederaufbau besonders engagiert. So werden mit deutscher Unterstützung die Fragmente der 2001 gesprengten Buddhas von Bamiyan für die Zukunft gesichert.
Mit rund 5,7 Millionen Euro hat das Auswärtige Amt seit 2000 bis heute einzelne Kulturprojekte gefördert. Die Ausstellung in Bonn, die schon 2006 geplant war, ist auch ein Dankeschön.